Das vollständige Protokoll des 11. Hearings des IniForums vom 27. September 2023
Die Moderatorin Dr. Ulrike Hamann begrüßt die Anwesenden und eröffnet die Veranstaltung. Sie erläutert kurz die Aufgabe des Initiativenforums als Ort des Austauschs zwischen stadtpolitischen Initiativen, Aktiven, betroffenen Mieter:innen, Abgeordneten der Regierungsfraktionen und Vertreter:innen der Verwaltung. Zum heutigen Thema, dem kommenden Auslaufen der Sozialbindungen in Tausenden Wohnungen, stellt sie die Teilnehmenden vor: Dr. Matthias Berndt, Experte für das Thema, nicht nur als Aktiver, sondern auch durch seine Dissertation über die ModInst-Förderung, Mieterinnen der neu gegründeten Initiative „Pankow gegen Verdrängung“, und die Abgeordnete Sevim Aydin (Sprecherin der SPD-Fraktion für Wohnen und Mieten). Erwartet werden noch Dr. Ersin Nas (wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion), Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, und Stephan Machulik, Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz.
Dr. Matthias Bernt, kommissarischer Leiter des Forschungsschwerpunkts „Politik & Planung“ am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, führt in die Problematik ein. Er beschäftigt sich mit dem ModInst-Programm, seit es ins Leben gerufen wurde, sowohl als Betroffener, Aktiver und ehemals Sprecher der Betroffeneninitiative Helmholtzplatz wie auch als Sozialwissenschaftler, der über Berliner Stadterneuerung in den 1990er-Jahren promovierte.
Die Genese des heutigen Themas führt in die Zeit nach der Wende zurück, als der Altbaubestand Ostberlins mit Kohleöfen und oftmals Außentoiletten einen großen Sanierungsbedarf hatte. Ab 1993 wurden in den Altbaugebieten nahezu flächendeckend Sanierungsgebiete ausgewiesen, die auf einer Karte an die Wand projiziert werden: Prenzlauer Berg, Spandauer Vorstadt, das Komponistenviertel in Weißensee, das Floraviertel in Pankau, fast ganz Friedrichshain, um nur einige zu nennen. Diese Sanierungen wurden öffentlich gefördert. In den Leitsätzen zur Stadterneuerung wurde vom CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen und Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) festgeschrieben, dass die Sanierung sozialverträglich sein müsse. Auch bei frei finanzierten Modernisierungen die Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung zu vermeiden gehörte ebenso zu den Leitsätzen. Diese Zusicherungen sorgten dafür, dass trotz größter Skepsis und mancher Proteste die Sanierung auf Zustimmung in der Bevölkerung stieß. Dafür habe der Staat eine Menge Geld in die Hand genommen: insgesamt 406 Mio. € allein für 6638 Wohnungen in sieben Pankower Kiezen. Mithin sei jede sechste Pankower Wohnung mit Steuergeldern saniert worden. Für ganz Berlin sei vermutlich nahezu eine Milliarde Euro an Förderungen in die Instandsetzung geflossen sein. Die Förderung wurde an Miet- und Belegungsbindung gekoppelt, das heißt, die Miete durfte nur begrenzt erhöht werden, und der Bezirk konnte Menschen mit WBS in den Wohnungen unterbringen. Im Umkehrschluss heiße das aber auch, dass von sechs Wohnungen fünf privat saniert wurden. Damit sei eine erhebliche Gentrifizierung, quasi ein Austausch der ansässigen Bevölkerung in Gang gesetzt worden. In Pankow gebe es nur noch in den geförderten Wohnungen einstige Ostberliner:innen, Empfänger:innen von Transferleistungen und Alleinerziehende.
Was passiere nun nach Ablauf der zeitlich begrenzten Programme, die über zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre gelaufen sind? Dr. Matthias Bernt konzentriert sich auf das wichtigste Programm: Soziale Stadterneuerung (SOST). Von 6390 geförderten Wohnungen im Jahr 2021 sei die Zahl bis zu diesem Jahr schon um ein Drittel gesunken, und die Spirale setze sich nun rapide fort bis 2031, wenn nur noch 66 geförderte Wohnungen übrig sein werden.
Die Förderbedingungen legten in den Häusern zwei verschiedene Miethöhen fest: WBS-Mieten in Höhe von 5,15 €, der Durchschnittsmiete des sozialen Wohnungsbaus in Berlin, sowie Mieten für Menschen, die keinen WBS haben und eine Miete in Höhe des Mittelwerts des Mietspiegels zahlen. Nach Ablauf der Förderung steigt die WBS-Miete auf Mietspiegelniveau und kann alle drei Jahre erhöht werden. Eine grafische Darstellung zeigt diesen massiven Mietsprung auf ca. 9 €, ohne Betriebskosten. Er habe mit dem Mittelwert kalkuliert, weil die Wohnungen aber gut in Schuss seien, könne der obere Wert des Mietspiegels angesetzt werden. Deutlich werde auch, dass selbst bei einer Erhöhung auf 9 € netto kalt die Miete immer noch konkurrenzlos günstig sei gegenüber jeder neu angemieteten Wohnung, insbesondere in Prenzlauer Berg. Entsprechend groß sei der Anreiz für Vermieter, bestehende Mietverträge loszuwerden und neue abzuschließen. Dieser Druck sei schon spürbar. Verstärkt werde er durch den Umstand, dass viele Wohnungen während der Förderungszeit schon in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden und nun Eigenbedarfskündigungen drohten, denn die Schutzfrist laufe mit der Förderung aus. Es gebe leider noch keine verlässlichen Zahlen dazu, nur eine Recherche der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“, die die Häuser aufgesucht und bei den Mieter:innen nachgefragt habe, gebe Anhaltspunkte: Ein Viertel der Wohnungen sei in Einzeleigentum umgewandelt, die Bindung abgelaufen und somit nun eine Eigenbedarfskündigung möglich. 11 % der Wohnungen wurden in Eigentum umgewandelt, aber die Wohnungen befinden sich noch in der Bindung, bei drei Prozent seien die Verhältnisse unklar und 62 % wurden offenbar nicht umgewandelt.
Es sei wichtig, die Eigentumsverhältnisse sowie die Eigentümer:innen der Wohnungen genauer zu betrachten und zu analysieren, was von ihnen an rationalem Verhalten zu erwarten ist. Laut einer kleinen Anfrage im Abgeordnetenhaus gehören 30 % der Wohnungen landeseigenen Unternehmen, die glücklicherweise durch die Kooperationsvereinbarung zu günstigen Mieten verpflichtet sind, auch wenn die soziale Gestaltung gerade auf der Kippe stehe. 15 % gehören Genossenschaften, in Prenzlauer Berg insbesondere der Bremer Höhe und Selbstbau, und 55 % privaten Eigentümer:innen oder Gesellschaften, darunter Pavlovic, Heimstaden und Covivio, also Vermieter, die jede Möglichkeit der Mieterhöhung in Anspruch nehmen und teilweise für ihre ruppigen (Verdrängungs-)Methoden bekannt sind. Ein großer Teil gehöre aber einzelnen Eigentümer:innen, die sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Alle jedoch haben einen großen Gewinn, wenn sie nach der Eigenbedarfskündigung die Wohnung weiterverkaufen. Ein erheblicher Verdrängungsdruck zeichne sich ab. Die Effekte von einer Milliarde Euro Förderungsmittel und der seitens des damaligen Senats geplanten sozialen Gestaltung der Sanierung drohten nun zu verpuffen: Die steigende Zahl an Eigenbedarfskündigungen sei schon spürbar und die Investition nicht besonders nachhaltig gewesen.
Angesichts der sehr unterschiedlichen Problemgruppen und der sozialen Unterschiede sei klar, dass hier eine komplexe Intervention nötig werde.
Die Mieter:innen Patricia Schulte und Annerose Schröder. Patricia Schulte von der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“ ist gerade in der Situation, wie sie gerade geschildert wurde. Sie erklärt, sehr bewegt zu sein, dass sie heute hier sprechen darf. Sie habe lange damit gehadert, dass sich doch endlich mal jemand dafür interessieren müsse, was in Pankow geschehe. 2006 sei sie als Studentin mit Tochter und Partner in die Wohnung im Helmholtzkiez gezogen und entsprechend groß sei die Bindung zu dieser Wohnung. Vor zwei Jahren habe sie einen Anruf von einem Makler bekommen, der im Auftrag des Eigentümers die Wohnung verkaufen sollte. Er habe ihr aber versichert, das sei alles kein Problem, denn die Interessenten seien ja meistens Kapitalgesellschaften. Der Makler habe zu vielen Terminen über jeweils drei Stunden verschiedene Interessent:innen pandemiebedingt einzeln durch die Wohnung geführt, und sie habe festgestellt, dass das keine Kapitalanleger:innen waren, sondern gut situierte Paare, die selbst in ihre Wohnung einziehen wollten. Während der Pandemie habe sie keine Möglichkeit der Vernetzung gehabt und sich mit ihrer Angst sehr einsam gefühlt.
Als sie einen Termin wegen Krankheit hatte absagen müssen, sei sie unter Druck gesetzt worden und habe Drohmails und -anrufe bekommen. Der Mieterverein habe ihr zwar versichert, dass sie im Krankheitsfall niemanden zur Besichtigung in die Wohnung lassen müsse, aber die Situation sei psychisch extrem belastend gewesen. Ein halbes Jahr später habe sie auf ihrem beruflichen Mailaccount eine Nachricht von einem fremden Mann erhalten, der sich als der neue Wohnungseigentümer vorstellte und um die Überweisung der Miete auf sein Konto bat. Bei der Gelegenheit habe er schon seinen Eigenbedarf angekündigt, und im März dieses Jahres habe sie die Kündigung zum Jahresende erhalten. Sie wisse noch immer nicht, wohin sie dann ziehen könne.
Annerose Schröder, die ebenso im Helmholtzkiez lebt und seit 66 Jahren in der Gegend, möchte dort auch bleiben. Doch weil die Sozialbindung auslaufen wird, fürchtet auch sie sich vor Mieterhöhung und Eigenbedarf. Die Wohnungen wurden 2019 umgewandelt. Es gab eine Ausnahmegenehmigung von der Kündigungsklausel, weil die Mieter:innen sieben Jahre lang die Wohnungen selbst kaufen konnten. Ab 2026 können sie also die Wohnung verlieren, aber wo sollten sie dann hin? Dabei gebe es einen extrem hohen Leerstand in ihrer Umgebung, in etwa 400 Wohnungen brenne nie Licht. Um diesem Leerstand sollte sich der Senat kümmern. 2004 wurden sie schon aus ihrer Wohnung in der Eberswalder Straße, die sie noch zu DDR-Zeiten gemietet und selbst saniert hatten, mit kriminellen Methoden herausgedrängt, weil dort Dachgeschosse ausgebaut wurden etc. Mit einigen weiteren Mietparteien sind sie in die Danziger gezogen. Sie kritisiert ebenso wie Dr. Matthias Bernt, dass sich die Fördermittel von fast einer Milliarde Euro als wenig nachhaltig beweisen. Sie fühle sich, insbesondere als Rentnerin nach einem ereignisreichen Berufsleben, wie auf einem Verschiebebahnhof, auf dem es nur um die Interessen der Eigentümer:innen gehe. Sie haben Angst, dass sie sich die Wohnung bald nicht mehr leisten können, und sie spreche für Tausende, die ebenso vor Verdrängung bedroht sind. Die Initiative „Pankow gegen Verdrängung“ fordert dringend Lösungen für das schon lange bekannte Problem.
Antje Wenzel, ebenfalls von der Initiative, ist in Pankow geboren und mit ihrem kleinen Sohn vor elf Jahren in ihre Wohnung eingezogen. Wie bei den meisten Mieter:innen in ihrem Haus liefen auch für ihre Wohnung in zwei Jahren sowohl die Sozialbindung als auch der befristete Mietvertrag aus. Doch im Bezirk sei mit einem durchschnittlichen Gehalt keine Wohnung mehr zu finden. Die Initiative habe sich vor einigen Monaten gegründet, es hätten bislang drei Versammlungen mit bis zu 150 Teilnehmenden stattgefunden. Auf einer Grafik zeigt sie die geförderten Häuser rund um den Helmholtzplatz. Vom ausliegenden Flyer könne man über den QR-Code eine noch genauere Übersicht erhalten, auf der auch das Ende der jeweiligen Bindung abzulesen sei. Diese Häuser sind die einzigen, in denen noch finanziell weniger gut aufgestellte Mieter:innen und Menschen mit durchschnittlichen Einkommen wohnen können.
Die Initiative habe folgende Forderungen erstellt:
Die soziale Mischung im Bezirk muss erhalten werden.
Keine Profite mit unseren Wohnungen!
Die Politik muss dringend eine Lösung finden und eine Gesamtstrategie entwickeln!
Ein Härtefallfonds soll für Mieter:innen eingerichtet werden, die sich die Miete jetzt schon nicht mehr leisten können. Dabei könnte man sich an den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften orientieren, bei denen gelte, dass nicht mehr als 20 % des Haushaltseinkommens für Miete aufgewendet werden müssen.
Verbot der Eigenbedarfskündigung als ein zentrales Problem der Verdrängung.
Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden gesetzlichen Pflichten der Vermieter:innen, um etwa Zweckentfremdung zu verhindern und die Instandhaltung der Häuser voranzutreiben, sodass nicht beispielsweise mit einer funktionsuntüchtigen Toilette Druck auf die Mieter:innen ausgeübt werden könne.
Sie fordern die Erarbeitung einvernehmlicher Lösungen mit Vermieter:innen und Politik und eine langfristige Überführung der Wohnungen zu gemeinwohlorientierten Eigentümer:innen wie Genossenschaften, Stiftungen oder LWU. Dazu soll ein Pilotprojekt aufgesetzt werden, mit dem ganz konkret nach Wegen gesucht und die Kommunalisierung der Wohnungen getestet werden kann.
Ein Krisengipfel soll die Lösung der Probleme unter Einbezug der betroffenen Mieter:innen erarbeiten – und das möglichst bald, damit auch sie noch etwas davon haben. Von den Anwesenden erwarten sie sich, dass sie den Krisengipfel ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzen.
Dr. Ersin Nas (CDU) möchte hinsichtlich der Verdrängung erläutern, was die Koalition dazu schon unternommen habe, denn die Mieterinteressen lägen ihnen allen, auch seiner Fraktion und besonders ihm sehr am Herzen. Daher habe die Koalition ausführliche Punkte beschlossen und sei gerade dabei, diese auch umzusetzen. Sie als Koalition sähen die Wohnungsnot als soziale Herausforderung des Jahrzehnts, sie wollen die Wohnungsnot nicht nur bekämpfen, sondern auch deutlich machen, dass sie die Mieterinteressen schützen und den Schutz erweitern müssen. Das sage er auch als Anwalt. Die Situation, wie sie Patricia Schulte gerade geschildert hat, führt er auf die Wohnungsnot und den Preisanstieg zurück, die dazu führten, dass Leute Bestandswohnungen erwerben und die bisherigen Mieter verdrängen. Er ist gleichwohl der Meinung, dass Mieter im Falle von Eigenbedarfskündigungen nicht schutzlos gestellt seien – was nicht das Verhalten einiger Eigentümer rechtfertigen solle –, aber die Rechtsordnung sehe vor, dass ein berechtigtes Interesse dargelegt und bewiesen werden müsse. Seine Erfahrung sei, dass dieses berechtigte Interesse gründlich geprüft werde. Zu den Forderungen, was man tun könne, um den Betroffenen zu helfen, erklärt er, für den Erhalt der sozialen Mischung setzten sie sich als CDU seit Jahren ein, dazu hätten sie vor dem Wahlkampf auch ein Papier veröffentlicht. Dass eine Gesamtstrategie und Lösungen entwickelt werden müssten, sehe er auch. Man müsse den Fakten in die Augen sehen: Es gebe eine Wohnungsnot, wenig bezahlbaren Wohnraum, und der Mieter habe ein Recht auf gute Wohnverhältnisse. Die Miete müsse bezahlbar sein und eine Wohnung dürfe nicht zu einem Luxusgut werden. Eine Gesamtstrategie sei zu entwickeln, Lösungen zu finden, ein Härtefallfonds aufzusetzen für die Mieter, die ihre gestiegenen Mieten nicht mehr zahlen können. In seinen Sprechstunden habe er auch häufig ältere Leute, deren Kinder ausgezogen sind, die sich die größere Wohnung nicht mehr leisten können, solche Härtefälle müsse man in der Tat abfedern und Lösungen suchen. Es könnten aber keine einseitigen Forderungen sein, sondern die Lösungen müssten mit den Vermietern gemeinsam gefunden werden. Es bringe nichts, Forderungen zu stellen, und dann mache der private Vermieter nicht mit. Der müsse in der Tat in die Pflicht genommen werden. In dieser Koalition arbeiteten sie – auch mit Senator Gaebler und mit seiner Kollegin Sevim Aydin – tagtäglich daran, ebenso hinsichtlich des Haushaltsplans, wie neuer Wohnraum geschaffen werden könne und wie die Mieterinteressen zu schützen seien. Was alles zum Schutze der Mieter, etwa Kündigungsschutz, beschlossen worden sei, dass sie Mietern rechtlich beistehen, die Mieterberatung erweitern wollen, auch das zähle dazu. Sie seien der Meinung, dass der Mieter, der seine Rechte nicht kenne, diese auch nicht wahrnehmen könne. Sie arbeiteten hart daran, auch in der Zukunft, und freuen sich über weitere Gespräche und den Austausch.
Dr. Ulrike Hamann dankt für die ausführliche Antwort, wünscht sich aber noch eine Aussage zum Krisengipfel.
Wenn ein solcher Krisengipfel notwendig sei und stattfinde, ergänzt Dr. Ersin Nas, wären sie die Letzten, die sich daran nicht beteiligen würden. Der Krisengipfel sei in seiner Aussage, nach Lösungen zu suchen, enthalten.
Sevim Aydin (SPD) hat großes Verständnis für die geschilderte Lage, in ihrer eigenen Familie habe es auch schon einen solchen Fall gegeben. Ihre Schwester habe mit zwei Kindern bei ihnen wohnen müssen, in der Phase habe ihnen der soziale Wohnungsbau schließlich geholfen, das müsse man ja auch mal sagen. Vom Auslaufen der Bindung seien auch ihre Eltern betroffen. Die Situation sei nicht zu leugnen. Sie hätten viele Instrumente in die Hand genommen, leider wirkten nicht alle. Im Koalitionsvertrag hätten sie eine strategische Ankaufspolitik vereinbart, deren Ziel sei, perspektivisch 500.000 Wohnungen in der öffentlichen Hand zu haben. Wenn die 200.000 Wohnungen der Genossenschaften dazuzählen, könnten schließlich 50 % der Berliner Mietwohnungen dem gemeinwohlorientierten Segment zuzurechnen sein, wie in Wien. Wenn die Sozialbindung ausgelaufen ist, sei es schwierig einzugreifen, denn da zählten die vertraglichen Regelungen. Sie könnten nur aufs BGB zurückgreifen, das sei das Instrument, das ihnen zur Verfügung stehe. Da gebe es schon die Kündigungsschutzordnung, die sie auf den Weg gebracht hätten. Leider würden da aber auch bundesrechtliche Regelungen greifen, deshalb sei das Vorkaufsrecht verloren gegangen, das ihrer Meinung nach unbedingt zurückgeholt werden müsse. Ebenso der Mietendeckel, für den sie sich auf Bundesebene einsetzen wollen. Auf Bezirksebene gebe es die Erhaltungsgebiete, die nicht immer helfen, die Umwandlungsverordnung gebe es und nach ihrem Kenntnisstand sei sie auch aktuell wirksam. Die Ermächtigungsgrundlage dazu soll eventuell entfristet werden, das werde gerade auf Bundesebene diskutiert. Ihre persönliche Meinung sei, dass es viel längere Bindungsfristen für den sozialen Wohnungsbau geben müsse. 30 Jahre seien zu wenig. Zum Härtefallfonds erklärt sie, dass mittlerweile Wohngeld plus beantragt werden könne. In der Kooperationsvereinbarung seien nicht mehr 30 %, sondern 27 % festgehalten. Was Kontrolle und Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten der Vermieter:innen betreffe, habe Kai Wegner an diesem Tag gesagt, dass er Verstöße gegen die Mietpreisbremse sanktionieren möchte, vielleicht sei das ein gangbarer Weg. Es habe in der SPD auch mal die Idee gegeben, diese Kontrolle bei der Wohnraumversorgung Berlin einzurichten. Wenn der Wucherparagraf in das Wirtschaftsstrafgesetz hineingeholt werden könnte, erledige sich vielleicht auch die Mietpreisbremse. Die Forderung nach dem Krisengipfel werde sie mitnehmen. Sie schauen, was sich daraus machen lässt.
Christian Gaebler (Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, SPD) bedankt sich dafür, dass das Thema auf die Tagesordnung gesetzt wurde, um deutlich zu machen, welche Konsequenzen auslaufende Bindungen für Betroffene haben können. Die Förderprogramme für Instandhaltung und Modernisierung seien aufgelegt worden, um in den Bezirken bessere Lebensverhältnisse zu schaffen, ohne die Bewohner über Gebühr finanziell zu belasten. Dass das auch Neben- und Nachwirkungen habe, wie sie sich jetzt zeigen, sei klar, aber damals sei die Entscheidung richtig und wichtig gewesen, mit Modernisierung höhere Qualität in den Wohnverhältnissen zu schaffen. Dass das in Kombination mit der Attraktivität der Gebiete, die auch dadurch zustande gekommen sei, jetzt zu Problemen führt, sei ebenso klar. Für eine Verlängerung der Bindung sieht er keinerlei Möglichkeiten, das sei bekannt. Sie hätten, das sei auch schon gesagt worden, die bundesrechtlichen Möglichkeiten des Mieterschutzes genutzt, aktuell gerade noch mit der Verlängerung der Kündigungsschutzklausel, sodass bei einer Umwandlung auch weiterhin die Möglichkeit des Kündigungsschutzes von zehn Jahren beibehalten werden könne. Normalerweise betrage er drei Jahre, aber in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sind zehn Jahre möglich. Das sei ein wichtiges Signal. Ebenfalls sei das generelle Umwandlungsverbot eingeführt worden; es gelte darauf zu achten, dass das eingehalten und verlängert werde. Auch bei Auslaufen der Bindungen gebe es Schutzmaßnahmen, die Mieterinnen und Mietern eine Perspektive bieten würden. Natürlich setze sie das auch unter Druck. Er möchte gleichwohl darauf hinweisen, dass es auch Schutzmechanismen gebe, die greifen. Das Gleiche gelte für das allgemeine Mietrecht, das Erhöhungen zulasse, aber mit der Kappungsgrenze von 15 % in drei Jahren diese zumindest begrenze. Teuerungen von 50 %, wie sie gerade genannt worden seien, könne es daher nicht geben. Es könne sich allenfalls um Einzelfälle handeln, für die durch stagnierendes Wohngeld und den plötzlichen Wegfall der Zuschüsse eine höhere Miete zustande gekommen sein könnte, das sei aber eine kleine Gruppe von Menschen, eine Erhöhung von 50 % schließt er gleichwohl aus. Aber auch 15 % alle drei Jahre könnten Mieterinnen und Mieter unter Druck setzen, was Bezahlbarkeit und Leistbarkeit angehe.
Zum Härtefallfonds erklärt er, dass das Leistbarkeitsversprechen der landeseigenen Unternehmen auf eigene Rechnung der Unternehmen umgesetzt werde, dafür gebe es keine Zuschüsse. Insofern sieht er wenig Grundlage dafür, im privaten Bereich, wenn Vermieterinnen und Vermieter die Erhöhungsmöglichkeiten ausreizen, einen staatlichen Ausgleich zu schaffen, auch wenn er den Wunsch danach versteht.
Zur Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden Pflichten der Vermieterinnen und Vermieter erklärt er, dass sie auch schon überlegten, wie das unterstützt werden könnte. Beim Zweckentfremdungsverbotsgesetz seien sie selbst bzw. die bezirklichen Wohnungsämter in der Pflicht, und in regelmäßigen Gesprächen werde geschaut, wie diese unterstützt werden könnten. Grundsätzlich müsse das im Bezirk und nicht auf Senatsebene umgesetzt werden. Schwierig werde es bei der Frage der Miethöhe, weil die eine Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter sei, es gebe weder eine rechtliche Grundlage, dass offiziell eingegriffen werden könne, noch Auskunftspflicht oder Sanktionsmöglichkeiten. Auch dazu gebe es Gespräche mit dem Bund, denn schön wäre es, wenn es zur Mietpreisbremse auch Instrumente gäbe, um sie zu sanktionieren. Die fehlten momentan noch, und die Mietpreisbremse laufe mitunter ins Leere, weil es den Mieterinnen und Mietern überlassen sei, gerichtlich gegen den eigenen Vermieter vorzugehen, bekanntermaßen nicht die angenehmste Aufgabe. Insofern verstehe er das Bedürfnis, dass jemand anderes diesen Weg übernimmt. Derzeit gebe es dafür aber keine Rechtsgrundlage.
Das Ziel, einvernehmliche Lösungen mit den Vermieterinnen und Vermietern zu erarbeiten, findet er gut. Sie befänden sich ja auch an anderer Stelle, wie im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, mit Vermieterverbänden im Gespräch, um Lösungen zu finden. Es bestehe das gemeinsame Interesse an einem sozialen Mietrecht, das setze allerdings die Kooperationsbereitschaft voraus. An den Fällen, die hier geschildert wurden, sind wahrscheinlich nicht die Vermieterinnen und Vermieter beteiligt, die eine solche Kooperationsbereitschaft haben. Der Senat habe allerdings keine Möglichkeit, Druck auszuüben, solange ein Vermieter keine Genehmigung von öffentlicher Seite brauche. Sie wollen sich aber noch mal mit den Bezirken anschauen, ob in bestimmten Fällen etwas zu machen sei, das sei aber sicher nicht flächendeckend möglich. Ebenfalls wollen sie schauen, ob es in den Beständen der Bündnispartner solche Fälle gebe, und dann gezielt in die Gespräche eintreten.
Zur Kommunalisierung der Wohnungen erklärt er, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften grundsätzlich ihren Bestand durch Ankäufe erweitern wollen, allerdings nicht zu jedem Preis und in jedem Zustand. Ein Ankauf müsse in irgendeiner Form wirtschaftlich darstellbar sei. Sie würden auch keine Fantasiepreise zahlen, sondern das sei ein Aushandlungsprozess, und der führe nicht generell zum Erfolg.
Einen Krisengipfel findet er gut, es gelte, alle an einen Tisch zu holen, zumal viele verschiedene Stellen daran mitwirken müssten: die Wohnungsaufsichtsämter, die Bauaufsicht, die Senatsverwaltung für rechtliche Unterstützung und Beratung sowie evtl. finanzielle Unterstützung, die Betroffenen, Mieterbeiräte, Mieter und andere. Er findet den Vorschlag gut. Es stelle sich die Frage, in welchem Rahmen der Gipfel stattfinden sollte: berlinweit oder auf lokaler Ebene, damit das auch noch handhabbar bleibt. Er will das gern mitnehmen und mit den beteiligten Bezirksämtern besprechen.
Die soziale Mischung müsse erhalten bleiben, dafür arbeiteten sie schon mit dem Milieuschutz. Dennoch wollten sie auch in Milieuschutzgebieten energetische Sanierung ermöglichen, ohne dass es zu Verdrängung komme, dieser Prozess sei auch nicht ganz einfach.
Nach der Pause möchte die Moderatorin den Betroffenen noch mal die Gelegenheit zur Äußerung geben. Sie habe sich daran erinnert, wie sie selbst vor elf Jahren mit Kotti & Co um den Erhalt von Sozialwohnungen gekämpft habe. Mit den Beschränkungen durch Bundesrecht, wie es nun hier auch in Bezug auf die Sozialbindung zum Tragen kommt, und dem Umstand, dass man aufgrund der Förderverträge nicht eingreifen könne, wollten sie sich damals nicht zufriedengeben. Sie haben eine Protesthaus errichtet, das heute noch am Kottbusser Tor steht, und auch einen Krisengipfel im Abgeordnetenhaus veranstaltet. Sie wollten nicht auf den Bund warten, sondern ihre eigenen Ideen und Expert:innen mitbringen. Das sei auch die Idee des aktuellen Krisengipfels. Sie freue sich über die Zusage und es brauche nun konkrete Vorschläge.
Sebastian von „Pankow gegen Verdrängung“ höre von seinen Nachbar:innen allzu oft resignierte Kommentare wie „Nützt sowieso nichts“, „Niemand hört uns zu“, erklärt er. Er habe zur Vorbereitung den Koalitionsvertrag gelesen und bezieht sich auf den strategischen Ankauf, der schon mehrmals erwähnt wurde. Er liest den Passus vor, dass die kommunalen Bestände auf 500.000 Wohnungen erhöht werden sollen, um mit den 200.000 Genossenschaftswohnungen einen gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand von rund 50 % zu erreichen. Es sei gesagt worden, dass dieses Ziel nicht zu jedem Preis erreicht werden soll und auch nicht Häuser in jedem Zustand gekauft werden sollen. Er möchte nun wissen, wann der Senat nach Pankow komme, um mit den Eigentümern zu verhandeln, die Häuser in kommunales Eigentum zu verkaufen?
Martin Hoffmann, MieterWerkStadt Charlottenburg und Mieterrat bei der landeseigenen Gewobag, möchte vom ModInst-Programm den Blick auf die anderen Bestände lenken, die schon in den 80ern saniert wurden und nun auch aus der Bindung fallen. Auch für diese müssten Lösungen gefunden werden. Insbesondere wenn nun noch die LWU, die wenigstens ein wenig aufgefangen hätten, die Quoten senken. Immer mehr Wohnungen fielen aus der Bindung heraus, aber es gäbe keine Ersatz.
Eine Teilnehmerin nimmt auf Patricia Schulte Bezug und ist der Meinung, man habe ihr das Vorkaufsrecht anbieten müssen, von dem sie allerdings dachte, das gebe es nicht mehr. Sie ist auch entsetzt, wie mit dem Datenschutz umgegangen werde und dass einfach jemand in ihre Wohnung komme. Das Ganze gehe ihr hier nicht weit genug, man müsse doch mal die ganze Not der Menschen sehen. Entweder kämen sie in einen Sozialstatus, den sie gar nicht wollten, oder sie würden an die Stadtgrenze abgeschoben. Das Problem müsse doch schon früher bekannt gewesen sei, was sollten die Menschen nun machen? Hier werde nur geredet, aber nicht gehandelt und den Menschen auch nicht konkret geholfen. Am meisten störe sie, dass die Verdrängung Berlin spalte. Als Quartiersrätin stelle sie das immer wieder fest und es mache sie traurig. Sie möchte nicht erleben, dass Berlin eine Stadt wird, in der hier die Reichen wohnen und dort die „Unterschicht“. Wie lang soll das noch so weitergehen? Bis ganz Berlin gekauft ist?
Dr. Ulrike Hamann möchte die Fragen an Politik und Verwaltung weitergeben und ergänzt, dass ihres Wissens in den nächsten Jahren voraussichtlich 30.000 Wohnungen aus der Belegungsbindung fallen, auch in Westberlin.
Senator Gaebler präzisiert, dass strategischer Ankauf tatsächlich heiße, nicht irgendwo Häuser zu erwerben, wie er das schon erklärt habe, sondern etwa Wohnungen, Blöcke oder ganze Quartiere, wo Bindungen auslaufen. Damit wollten sie auch Ängste vermeiden. Aber nicht jeder Vermieter versuche, in Eigentumswohnungen umzuwandeln und die Mieterinnen und Mieter rauszudrängen. Doch dort, wo das der Fall ist, wollen sie unterstützen. Es gebe die Mieterberatungen in den Bezirken, die sie mitfinanzieren, und die Wohnungsaufsicht, die den Zustand, aber auch Zweckentfremdung oder Leerstand kontrolliere. Leider könnten die knapp besetzten Ämter nicht immer das leisten, was sie sich in der Verwaltung vorstellen. Daher sei der Senat auch auf Hinweise angewiesen. Sie hätten nicht genug Personal, um die Häuser selbst aufzusuchen und alles in Augenschein zu nehmen. Sie bekämen in der Regel Hinweise aus der Bevölkerung. Es sei richtig, einen solchen Krisengipfel abzuhalten, die Frage sei, wie man ihn gestaltet in all seiner Komplexität. Es sei vielleicht kontraproduktiv, einen Gipfel für ganz Berlin zu veranstalten, wo alle zu allem sprächen. Stattdessen wäre es vielleicht sinnvoller, mehrere Krisengipfel abzuhalten, denn das Problem bestehe in gleichem Umfang auch in Friedrichshain-Kreuzberg, und auch in Mitte gebe es eine relativ hohe Zahl an Wohnungen, deren Bindung auslaufe. Das müssten sie auch im Blick haben und sich zügig mit den betreffenden Bezirksämtern und dem Mieterverein – Dank an Dr. Ulrike Hamann für das Angebot – sowie Expertinnen und Experten, Betroffenen und Interessierten zusammensetzen.
Die behauptete Quotensenkung bei den LWU sieht er nicht, die 63 %, die auch in der alten Kooperationsvereinbarung standen, haben weiterhin Bestand. Wenn damit eine Änderung durch den dritten Förderweg gemeint sei, könne er versichern, dass damit wieder die Quote von 60 % der Bevölkerung erreicht werde, die sie 2015 auch schon mal hatten, bevor sie durch die bundesweit abgesenkte Einkommensgrenze immer weiter abgesunken ist. Sie gehen davon aus, dass 50 % der 63 % für den ersten Förderweg sein sollen und dass sie damit die gleiche Anzahl von Menschen erreichen wie bisher bei den Quoten der zwei Förderwege. Nun sei die Zahl durch die erhöhten Einkommensgrenzen wieder größer.
Mit dem erwähnten Vorkaufsrecht sei vermutlich gemeint gewesen, dass der Mieterin ihre Wohnung zuerst hätte angeboten werden müssen. Dazu könne er nichts sagen, das könne vielleicht die Kollegin.
Über das Monitoring soziale Stadt verfolgten sie die Entwicklung, ebenso hielten sie mit den Instrumenten des Quartiersmanagements und der Quartiersentwicklung dagegen. Aber ihre Mittel, auch die finanziellen, seien nicht unbegrenzt. Er betont noch mal: Er selbst oder die Verwaltung liefen nicht los und verhandelten mit Eigentümern, sondern das sei Aufgabe der städtischen Gesellschaften. Diese seien auch in Bereitschaft, aber die Ankaufsmöglichkeiten hingen letztlich vom Angebot ab. Es gebe immer wieder Wünsche zum Ankauf von Objekten, die der Eigentümer jedoch gar nicht verkaufen wolle. Er mache natürlich einen viel höheren Gewinn bei einzeln verkauften Wohnungen als im Block an eine LWU. Man könne gern in eine Diskussion treten, welche Vermieter überhaupt ansprechbar sind und einen vertretbaren Kaufpreis akzeptieren. Welche Mittel haben sie sonst? Als Verwaltung dürften sie auch keine Vermischung von Genehmigungsverfahren und sonstigen Wünschen vornehmen, aber man könne schauen, wo Beziehungen bestehen, um ins Gespräch zu kommen und für die Mieterinnen und Mieter eine Lösung zu finden, die sie vor Verdrängung schützt.
Patricia Schulte kann zum Datenschutz nichts sagen, ihre Daten seien von ihrem privaten Vermieter weitergegeben worden. Wichtig sei ihr an der Stelle der Ablauf: Sie sei nie von offizieller Stelle über das Auslaufen der Bindung und die etwaige Möglichkeit des Verkaufs ihrer Wohnung und zuletzt über den vollzogenen Verkauf in Kenntnis gesetzt worden. Auch über ihre Rechte sei sie nicht informiert worden. Sie habe sich in der Wohnung, in die sie vor einigen Jahren mit einem WBS eingezogen sei, geschützt gefühlt, plötzlich habe es den Schutz nicht mehr gegeben.
Eine Teilnehmerin hat den Eindruck, dass die Not, zu der es kommen werde, noch nicht so richtig deutlich geworden ist, wenn hier der Begriff Einzelfall ins Spiel komme. Es seien mehr als 35 % Tausender Wohnungen in Pankow schon in Privateigentum umgewandelt worden, und sie wissen auch, dass die Umwandlung und der Verkauf von Einzelwohnungen schon während der Sanierung stattgefunden haben. Die Kündigungsklauseln, von denen Politik und Verwaltung gesprochen haben, träfen hier – außer vielleicht in Einzelfällen – nicht mehr zu. Ca. 3000 Wohnungen allein in Pankow sind in Eigentum umgewandelt und die Leute erwarten nun alle eine Eigenbedarfskündigung. Als Mieter:innen haben sie aber auch Eigenbedarf. Die Bedürfnisse der Bürger:innen dieser Stadt würden nicht vernünftig abgewogen. Ihre Wohnung beispielsweise, die sie schon lange bewohnten, sei eine Umsetzwohnung gewesen, denn wie viele andere seien sie schon mal von Verdrängung betroffen gewesen. Wie gesagt, habe schon einmal ein größerer Bevölkerungsaustausch stattgefunden. Ihre Miete habe sich im Übrigen sehr wohl um 50 % erhöht, im Januar auf die Mietspiegelhöhe. Zu ihren Forderungen – dem Härtefallfonds, dem Schutz vor Eigenbedarfskündigungen und dem Krisengipfel – habe sie bislang sehr wenig gehört. Ihre Frage an Politik und Verwaltung: Wenn Hunderte, womöglich Tausende Mieter:innen allein in Pankow wegen Eigenbedarfskündigungen ihre Wohnungen verlieren, weil gut situierte Westdeutsche diese kaufen, dann möchte sie wissen, wie sie sich denn die Stadt in Zukunft vorstellen? Ihre Frage richtet sich ganz konkret an die, die Gestaltungsspielraum haben und den auch ausschöpfen und sogar erweitern könnten. Hier sei zudem die Eigenbedarfskündigung besonders problematisch, denn dieses ganze Programm habe dazu dienen sollen, die soziale Mischung zu erhalten und die Bevölkerung vor Verdrängung zu schützen. Hier werde sozialer Sprengstoff produziert, und sie fragt, wie sie sich eine solche Stadtgesellschaft vorstellen? Wie sei ihr Verhältnis zur Bevölkerung? In welchem Verhältnis stünden sie zur Bevölkerung, die in Berlin zu 80 % aus Mieter:innen und zu großen Teilen aus unteren Einkommensschichten besteht?
Dr. Matthias Bernt sieht trotz aller Kontroversen ein paar Schnittmengen zwischen den Forderungen der Initiative und den Reaktionen von Politik und Verwaltung: die Veranstaltung eines Krisengipfels, die Erarbeitung einer Gesamtlösung statt ein paar „Pillen“ hier und da, die Rekommunalisierung, für die es die Ankaufsstrategie gebe. Nun müsse aber mal darüber gesprochen werden, wie es weitergehen soll. Das Problem sei eine Krise mit Ansage. Seit den 90er-Jahren, als die Förderprogramme aufgelegt wurden, ist bekannt, wann die Bindung ausläuft. Das heißt also, dass alle Parteien im Abgeordnetenhaus und die Verwaltung unter den verschiedenen politischen Führungen sich schon längst hätten hinsetzen können, um eine Lösung auszuarbeiten. Wenn er die Beiträge der Mieter:innen höre, wecke das nicht viel Vertrauen, und wenn die Käufer:innen gerade die eigene Küche umplanen, habe man wahrscheinlich nicht die Nerven, dem üblichen Verwaltungsgang zuzusehen, daher seine Frage, wie es weitergehen solle. Es sollte eine Art Roadmap erstellt werden. Vermutlich ist es der Initiative auch wichtig, an dem Gespräch prominent beteiligt zu werden.
Eine weitere Besucherin fragt ebenfalls, wie sich die Vertreter:innen von Politik und Verwaltung das künftige Berlin vorstellen. Die Gerichte würden derzeit überschwemmt von Klagen gegen Eigenbedarfskündigungen, auch häufig aus ihrem Bezirk. Sie kenne viele Menschen, die ebenfalls Wohnungsbesichtigungen über sich ergehen lassen müssten, in deren Verlauf das Vorhaben, selbst dort einzuziehen, freimütig geäußert werde, obwohl die Wohnungen als Kapitalanlage ausgeschrieben sind. Ebenso gebe es zahlreiche Fälle, in denen der Zweifel am Eigenbedarf angebracht ist. Sie habe Dr. Nas so verstanden, dass er durchaus Verständnis für die eigene Nutzung von Wohnungen zeige, die eigentlich als Kapitalanlage angeboten werden. Dabei gebe es genug leer stehende Wohnungen in Berlin, allerdings in einem höherpreisigen Segment.
Dr. Ersin Nas bedankt sich für die vielen Fragen, die ihnen Gelegenheit gäben, ihre Politik zu erläutern. Er beginnt mit der Frage, wie ihr Verhältnis zur Stadtgesellschaft sei. Die Belange der Stadtgesellschaft, der Menschen, der Mieterinnen und Mieter seien ihnen wichtig, die nähmen sie auch ernst. Das sage er nicht als Politiker, sondern als jemand, der seit Jahren auf diesem Gebiet beruflich tätig ist. Wenn in seinem Wahlkreis Falkenhagener Feld in Spandau Mieterinnen und Mieter über Verdrängung klagen, nähmen sie das ebenfalls ernst. Das fließe auch in ihre politische Arbeit ein, in die gesamte Abwägung. Es sei gefordert worden, die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung einzuschränken, das möchte er gern mit der letzten Frage verknüpfen: Von Kapitalanlagen habe er überhaupt nicht gesprochen, sondern davon, wann Eigenbedarf nach BGB geltend gemacht werden darf. Die Voraussetzungen werden seines Wissens streng von den Gerichten überprüft. Wenn aber der Eigentümer Eigenbedarf geltend mache, die Wohnung hübsch herrichte und teuer weiterverkaufe, löse das Ansprüche aus. Als Mieter würde er auf jeden Fall weiterverfolgen, was in der Wohnung geschieht. Zieht der Eigentümer dort selbst ein oder lässt er seine Kinder einziehen? Die Eigenbedarfskündigung sei Bundesrecht, für Änderungen könnten sie höchstens eine Bundesratsinitiative starten. Die Eigenbedarfskündigung beruhe auf der Abwägung von Eigentumsrecht und Besitzrecht des Mieters. Das Ergebnis dieser Abwägung finde sich im BGB, das bedeute allerdings nicht, dass es nicht immer wieder missbraucht werde, und zwar leider von vielen. Einschränkungen auf Landesebene sind schwierig zu erreichen, ebenso das Verbot. Was sie aber tun können und tun müssen, ist genau hinzuschauen, ob tatsächlich Eigenbedarf gegeben ist, wenn ein Eigentümer die Kündigung ausspricht. Da sei nicht nur die Politik, sondern auch die Verwaltung gefordert, um den Mietern unter die Arme zu greifen, damit sie ihre Rechte vor Gericht geltend machen können.
Zur Frage, wie es nun weitergehen soll, wie sie ins Gespräch kommen: „Wir sind ins Gespräch gekommen, das soll der Anfang sein und fortgesetzt werden.“ Er nehme die Gespräche ernst, nicht nur als Abgeordneter, sondern auch für seine Fraktion. Sie müssten schauen, welche Möglichkeiten sie haben. Die Eigenbedarfskündigung abschaffen könnten sie nicht, aber sicherlich gebe es Maßnahmen, diese genauer zu überprüfen. Werden die Gespräche fortgesetzt, können sie auch weitere Möglichkeiten eruieren.
Hinsichtlich des strategischen Ankaufs erklärt er, dass er selbst mit Christian Gaebler und Sevim Aydin die Verhandlungen geführt habe. Der Staat solle zwar ankaufen, aber sie hätten bewusst den Begriff „strategischer Ankauf“ genannt, weil auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielten, darunter der Sanierungs- und Instandsetzungsbedarf. In Spandau habe er oft genug gesehen, dass Wohnungen mit einem gewaltigen Instandsetzungsbedarf zurückgekauft worden seien, was für den Steuerzahler und sie nicht mehr verträglich sei. Als neuer Vermieter hätten auch sie eine Instandsetzungspflicht. All dies sollte eine Rolle spielen. Dort, wo es notwendig ist, machen sie natürlich davon Gebrauch, um den eigenen Bestand zu erweitern. Der Koalitionsvertrag betreffe aber ganz Berlin und nicht nur Pankow.
Sevim Aydin möchte zum strategischen Ankauf ergänzen, dass Fragen der Instandsetzung nicht allein ausschlaggebend seien, soziale Aspekte zählten auch. Der Kauf der 20.000 Wohnungen vor der Wahl 2021 sei vor allem sozial schwachen Haushalten zugutegekommen.
Zur Frage des Kontakts zur Stadtgesellschaft erklärt sie, dass sie den wohl tagtäglich habe – in ihrem Büro gingen viele Anfragen von Mieterinnen und Mietern ein. Zu sagen sei aber auch, dass Deutsche Wohnen auf ihre Anschreiben schneller reagiere etwa als die Gewobag.
Hinsichtlich der bundesrechtlichen Eigenbedarfskündigung habe die SPD beschlossen, die betroffenen Gruppen einzuschränken: Weder Senioren noch Kranke sollen aus ihren Wohnungen verdrängt werden dürfen. Solche Fälle habe es zuletzt sehr häufig gegeben; eine derartige Einschränkung sei ihr ein persönliches Anliegen. Das gehe aber nur über eine Bundesratsinitiative.
Dass ein Krisengipfel ein guter Ansatz sei, hätten alle bestätigt. Sie wolle das mitnehmen in die Fraktion, denn das sei etwas, was sie gemeinsam beschließen. Das Auslaufen der Sozialbindung sei ein Problem, das sie schon erkannt hätten, und sie versuchen auch etwas zu machen.
Dr. Ulrike Hamann begrüßt dies, denn auch Matthias Bernt habe ja schon deutlich gemacht, dass dies ein Problem mit Ansage sei. Sie hofft, dass in der Verwaltung schon in Ansätzen ein Plan vorhanden ist, der auf Landesebene in die Handlung kommen kann. Es sei schon festgestellt worden, dass es sich nicht um viele Einzelfälle, sondern um ein Problem handele, das viele Menschen betreffe und das daher eine Gesamtlösung benötige. Wie komme man nun weiter ins Handeln?
Christian Gaebler sieht keine Möglichkeit einer Pauschallösung, weil dafür auch die Mittel fehlten. Er versteht die Verärgerung und den Wunsch nach schneller Veränderung durch die Politik. Zum Verbot von Eigenbedarfskündigung meint er, schon erklärt zu haben, dass sie als Land ihre Möglichkeiten mit der Kündigungsschutzklausel ausgeschöpft haben. Alles Weitere sei im BGB festgelegt und nicht mehr Länderzuständigkeit. Für ein grundsätzliches Verbot von Eigenbedarfskündigung müsse das BGB geändert werden. Ihre Gestaltungsspielräume seien an der Stelle ausgereizt.
Zu den konkreten Zusagen, wie es weitergehe: Er habe gedacht, das sei ein Hearing, dass man also einander zuhöre. Das sei für Politik und Verwaltung wichtig, um nicht Lösungen am grünen Tisch zu entwickeln, die an den Ideen vorbeigehen. Er möchte nun Gelegenheit haben, die komplexen Probleme zu sortieren und zeitnah mit den Betroffenen, den Bezirksämtern, der Initiative, dem Mieterverein und weiteren Interessierten zusammenzukommen, um dann zu schauen, wie es weitergehen könne. Es wäre schön, wenn dann gleich vereinbart werden könnte, wer was macht. Dann habe man einen gemeinsamen Arbeitsplan, der umgesetzt werden könne.
Was sein Verhältnis zur Bevölkerung angeht, sieht er sich als deren Teil. Er wohne ganz normal in der Innenstadt, fahre S- und U-Bahn und sei am Wochenende als Schiedsrichter auf Sportplätzen unterwegs, wo er Kontakt zu allen Bevölkerungsschichten habe. Auch er habe das dringende Bedürfnis, dass diese Stadt eine Stadt bleibt, in der viele Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Einkommens zusammenleben und ein bezahlbares sicheres Zuhause haben. Das sei sein Anliegen als Senator, als der er einen Eid darauf abgelegt habe, aber es sei auch sein persönliches Anliegen. Die Anwesenden könnten sich sicher sein, dass er das ernst nehme, und seine Anwesenheit unterstreiche schon sein Anliegen. Er sieht die Vernetzung als wichtigen Schritt, um ins Handeln zu kommen, z. B. bei Fällen, in denen immer wieder dieselbe Person in einem Haus Eigenbedarfskündigungen ausspreche. So etwas erfahre man natürlich nur im Austausch miteinander und dafür gebe es auch rechtliche Unterstützung durch die Mieterberatung. Es sei natürlich unangenehm für die Mieterinnen und Mieter, selbst gegen die Hauseigentümer vorzugehen, wenn diese Regeln brechen. Aber in einem Rechtsstaat müsse man sich eben durchsetzen, wenn sich jemand nicht an die Regeln halte. Nur in einem Überwachungsstaat könnte die Verwaltung jeden Einzelnen kontrollieren. Sie könne nur bei Hinweisen gezielte Nachforschungen aufnehmen bzw. aufgrund von Gerichtsverfahren Fehlverhalten öffentlich machen. Es gelte, gemeinsam gegen solche Tendenzen und Missbräuche vorzugehen, um eine solidarische Stadtgesellschaft zu erhalten, in der alle Menschen ihren Platz haben und zwar in der ganzen Stadt und nicht nach Arm und Reich getrennt.
Die Moderatorin versteht das schon als schönes Schlusswort: hier miteinander zu sprechen, sich zu vernetzen und ins gemeinsame Handeln zu kommen. Für die letzte Fragerunde möchte sie auch ihre ganz konkreten Fragen mitgeben: „Wann treffen wir uns zur Vorbereitung des konsensual beschlossenen Krisengipfels? Wo treffen wir uns? Wer möchte die Einladung aussprechen? Was wird bis dahin vorbereitet?“
Eine Teilnehmerin wünscht sich zur Entschärfung der angespannten Situation wegen der Eigenbedarfskündigungen, dass Senator Gaebler oder Dr. Nas noch etwas zu den Sperrfristen sagen, wann jemand, der Eigenbedarf anmeldet, überhaupt in eine Wohnung einziehen darf. Laut BGB betrage die Sperrfrist zehn Jahre nach dem ersten Verkauf.
Sie fände es wunderbar, wenn der Krisengipfel stattfände, würde es aber vorziehen, dass Politik und Verwaltung ihn vorbereiten würden, denn alle Aktiven und Betroffenen wären auch noch mit Erwerbsarbeit, Familienleben etc. beschäftigt. Sie würden daran teilnehmen, aber sie sei über die Frage „Wer macht was?“ gestolpert.
Es sei schön, dass seitens der Regierungskoalition das Wiener Modell angesprochen worden sei. Allerdings sei die Wiener SPÖ vor hundert Jahre darauf gekommen und habe das bis jetzt erhalten. Sie habe nicht richtig verstanden, wie das hier umgesetzt werden soll, dazu würde sie gern die SPD-Vertreterin hören. Die Sozialbindung sei schon als zu kurz angesprochen worden. Auf der ganzen Welt gebe es zahlreiche Modelle, die gar keine Frist kennen, auch in Wien, glaubt sie. Sie sei daher für eine fristlose Sozialbindung und damit hier wohl nicht die Einzige.
Zudem mache es sie wütend, dass auch diese Koalition den Volksentscheid von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ einfach aussitzen wolle. Zu dessen Umsetzung fordert sie sie auf.
Die von Senator Gaebler angesprochene Zweckentfremdung und möblierte Apartments seien in Pankow in ganzen Häuserensembles, die gentrifiziert und in Eigentum umgewandelt wurden, schon gang und gäbe. Sie ist der Meinung, dass die Verwaltung nicht funktioniert. Sie sei unterfinanziert, unterbesetzt und reagiere nicht. Sie bittet um mehr Personal, das schärfer, stringenter und besser reagieren könne.
Ein weiterer Teilnehmer erinnert daran, dass die Abschaffung der befristeten Sozialbindung schon lange gefordert werde. Er begrüßt es, dass sich Dr. Nas so sehr für die Mieter:innen stark macht, und bittet ihn, sich doch mal bei seinen Kollegen Luczak und Heilmann zu erkundigen, wie die ihren Kampf gegen den Mietendeckel geführt haben. Sie könnten zwar nichts gegen den gesetzlich verankerten Eigenbedarf unternehmen, aber gegen die Verwertung von Wohnraum schon. Die beste Beschränkung in Gebieten wie Berlin, in denen offensichtlich nicht genug bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist, sei ein Mietenstopp. Er fände es gut, wenn der in der CDU durchgesetzt und nicht mit allen Mittel bekämpft werde. Auf den Websites der beiden könne man minutiös ihre Stimmungsmache verfolgen, dass der Mietendeckel das böseste Mittel schlechthin sei, um die Probleme hier anzugehen. Er würde es begrüßen, wenn D. Nas sich dagegen starkmachen würde.
Mario Kluge nimmt die Frage einer Mieterin noch mal auf: Welche Visionen haben die Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung für die Stadt? Er habe aus ihren Antworten nicht so viel mitnehmen können und würde gern selbst ein Beispiel geben. Er lebe seit 42 Jahren in Prenzlauer Berg und sei Lehrer. Auch er wohne in einem der betroffenen Häuser. Wenn er von einer Eigenbedarfskündigung betroffen ist, kann er sich als Lehrer die Mieten in dem Bezirk nicht mehr leisten und wird dann aus Berlin wegziehen. Dass das im Sinne der Schulen und der Bildungspolitik ist, kann er sich schwer vorstellen.
Dr. Ulrike Hamann fasst zusammen, dass einige Beispiele mit Dringlichkeit genannt worden seien und richtet daher die Bitte an die Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung, ihre Abschlussworte für die letzten Fragen zu nutzen und konkrete Vorschläge zu machen, wie es weitergehen könnte.
Christian Gaebler möchte zu den Eigenbedarfskündigungen den Juristen Thomas Thron, Gruppenleiter im Referat Wohnungs- und Mietenpolitik, sprechen lassen: Die Kündigungsklausel gelte ab dem ersten Verkauf für den Erwerber im Normalfall drei Jahre, in Berlin sei die Frist auf zehn Jahre verlängert worden. Diese Regelung gelte seit 2013, erklärt er auf Nachfrage der Moderatorin.
Christian Gaebler nimmt auf die Fristen der Sozialbindung andernorts Bezug: Nach seinen Informationen gebe es in Wien für geförderte Privatwohnungen auch eine Frist, die bei maximal 30 bis 35 Jahren liege, manchmal aber auch nur zehn Jahre betrage. Wien habe viele eigene Gemeindewohnungen, die natürlich gebunden blieben, und viele gemeinwohlorientierte Besitzer, für die besondere Regelungen gelten, weil Österreich ein spezielles Gemeinnützigkeitsgesetz habe. Das gebe es in Deutschland leider nicht mehr. Es sollte immer mal wieder neu eingeführt werden, das sei bisher aber bedauerlicherweise noch nicht geschehen. Insofern sei der Vergleich mit Wien sicherlich interessant, dort seien 25 % der Wohnungen im Besitz der Gemeinde, in Berlin derzeit etwa 20 %. Es sei ja schon gesagt worden, dass sie sich auf den Weg machten, den Besitz der landeseigenen Wohnungen auf 30 % aufzustocken. Insofern nähmen sie sich Wien als Vorbild, aber – das möchte er noch mal deutlich machen – dort sei auch nicht alles völlig anders als hier. Dass die Sozialbindung eine Grenze habe, liege daran, dass die Förderhöhe gegenüber der Bindung abgewogen werde. Hamburg versuche nun ein Experiment mit längeren Bindungen, dessen finanzielle Auswirkungen sie sich genau anschauen wollten, ebenso wie es angenommen werde. Im Grundsatz habe aber Berlin die Bindungsfrist von zwanzig auf dreißig Jahre erhöht und gehe damit schon den Weg, für höhere Aufwendungen eine längere Bindung zu haben, aber das habe auch seine Grenzen.
Mehr Personal für Kontrollen, die in den Bezirken stattfinden müssten, kann er nur unterstützen. Die Verwaltung unterstütze die Bezirke insbesondere in Rechtsfragen, gerade wenn Zweckentfremdung oder Leerstand vorliegen und ein Treuhänder hinzugezogen werden soll. Sie begleiten die Bezirksämter rechtlich und übernehmen auch das Kostenrisiko, aber die Personalfragen müssen in den Bezirken geklärt werden und in die Gesamthaushaltsberatung einfließen. Da liege die Gesamtverantwortung vor Ort.
Zur Aufgabenverteilung bei der Vorbereitung und Durchführung des Krisengipfels erklärt er, dass es kein Problem für sie sei, diesen zu veranstalten. Er habe bloß eine gewisse Skepsis, ob eine Verwaltungsveranstaltung das Richtige für Initiativen sei, darüber müsse man sich wohl noch mal verständigen. Wenn das so gewünscht sei, würden sie das aber gern machen. Denkbar wäre auch eine Kooperation mit dem Mieterverein, an der Durchführung solle es jedenfalls nicht scheitern.
Dr. Ulrike Hamann erklärt, dass sie das gern aufnehmen und gleich mit der Initiative besprechen werden, um sich in zwei bis drei Wochen zusammenzusetzen.
Dr. Ersin Nas kann gut verstehen, die Betroffenen wissen möchten, was demnächst konkret passiere. Er könne seinerseits sagen, dass er die Ergebnisse des Hearings gern mitnimmt und mit seiner Fraktion bespricht, insbesondere mit den Abgeordneten, die die Verhältnisse vor Ort besser kennen als er. An einem Krisengipfel nehmen sie gern teil und werden versuchen, ihren Beitrag zu leisten.
Zur Frage, wie er sich die Stadt vorstellt, erklärt er, dass er selbst hier lebe, und es soll kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander geben, keine Spaltung zwischen Mietern und Vermietern und auch keine Verdrängung. Die Menschen sollen dort leben können, wo sie sich niedergelassen haben, und nicht woanders hinziehen müssen. Das sei ihr Ansporn, das, was sie mit der Koalitionsvereinbarung und mit den Akteuren hier realisieren wollen. Sie kämpfen dafür und versuchen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die es gibt, damit Berlin lebens- und liebenswert bleibt. Er dankt für die Einladung, für die wertvollen Anregungen, auch für die Kritik, das nimmt er alles gern mit und freut sich auf die weiteren Gespräche.
Sevim Aydin möchte nicht weiter auf das Wiener Modell eingehen, dazu habe Christian Gaebler gesprochen. Zur Sozialbindung ist ihre Vorstellung an Hamburg orientiert, wo eine hundertjährige Bindung ausprobiert werde. Den Weg habe Herr Gaebler vorgeschlagen, selbstverständlich beteiligen sie sich als Fraktion an einem Krisengipfel. Ihre Vision der Stadt ist bezahlbarer Wohnraum für alle.
Dr. Ulrike Hamann dankt allen Teilnehmenden und dem Initiativenforum, das diese Gespräche möglich macht, aber sich immer in einem prekären Status befinde. Die Finanzierung fürs kommende Jahr sei wohl noch nicht geklärt, aber sie hoffen das Beste und richten sich damit auch noch mal an die Politik. Es habe sich bewährt, hier ins Gespräch und zu Verabredungen zu kommen, das sollte so fortgeführt werden.
Auch Fabian Steinecke dankt allen Beteiligten und der Initiative.