Die stadtpolitische Initiativenlandschaft Berlins ist groß und vielfältig. Wir wollen die Initiativen und ihre Arbeit vorstellen.

Die Initiative Mietenbrücke hat sich im Frühjahr 2020 während des ersten Corona-Lockdowns organisiert, um Vermieter*innen zu solidarischer Verantwortung gegenüber Gewerbemieter*innen zu motivieren. Das Ziel ist, angehäufte Mietschulden zu erlassen und faire Vermieter*innen aus dem „Lager der Immobilienvertreter*innen“ für eine nicht-spekulative Vermietungspraxis zu gewinnen.

Was war der Anlass der Organisierung und Gründung eurer Initiative?

Im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 wurde deutlich, dass bei vielen kleinen Gewerbetreibenden – insbesondere bei „Kiez-Läden“ – die Mietforderungen schnell über das Leistbare gehen. Juristisch war nicht durchzusetzen, dass wegen eines Lockdowns für nicht nutzbare Gewerbeflächen auch keine Miete bezahlt würde und so war klar, die Kosten blieben einzig bei den Ladenbetreiber*innen liegen, die zwar kurzzeitig Mietschulden anhäufen durften, ohne gleich gekündigt zu werden, aber die letztlich keinerlei Mieterlass erwarten dürfen. Ganz offensichtlich besteht hier eine Ungerechtigkeit bei der Lastenverteilung: Gewerbemieter*innen müssen bluten, Eigentümer*innen dürfen volle Einnahmen erwarten.

Was ist der Schwerpunkt eurer Arbeit?

Uns ist wichtig, die Ungleichbehandlung deutlich zu machen und an die solidarische Verantwortung der Eigentümer*innen von Gewerbeimmobilien zu appellieren. Dafür haben wir die initiative als Kampagne aufgezogen. Anhand guter Beispiele haben wir eine kleine Community an Vermieter*innen und politischen unterstützer*innen zusammengebracht, die aktiv und praktisch zeigen, dass es auch Menschen gibt, die ihre Verantwortung sehen und wahrnehmen. Für direkte Anfragen von Mieter*innen an ihre Vermieter*innen haben wir ein online-Tool eingerichtet, wodurch die Anfragen der Mieter*inne in den argumentativen Rahmen der Kampagne gesetzt werden. Eine ganze Reihe – allerdings viel zu wenige, um eine gewisse Relevanz zu erreichen  – an Vermieter*innen haben teils deutlichen Mieterlass gegenüber ihren von Lockdowns betroffenen Gewerbemieter*innen gewährt.

In welchem Gebiet/Stadtteil/Bezirk seid ihr aktiv?

Die Kampagne bezieht sich auf das Bundesgebiet mit dem Fokus auf urbane Gebiete.

Mit wem seid ihr vernetzt?

Mieternbrücke.de ist mit einzelnen Akteur*innen im politischen Feld (aus SPD, Grüne) und verschiedenen Akteur*innen aus der Berliner Initiativen-Szene (Lause bleibt!, Häuser bewegen, NaGe-Netz) vernetzt.

Auf welche Schwierigkeiten stoßt ihr bei eurer Initiativenarbeit?

Insbesondere Vermieter*innen wollen nur sehr ungern über ihre gewährten Mieterlasse sprechen. Viele sehen das als gefährdend für ihr Geschäftsfeld an, obwohl sie es faktisch machen. Wir hatten dementsprechend einige Kontakte mit Vermieter*innen, die uns bestätigten, dass sie in konkreten Einzelfällen solche Mieterlasse ausgehandelt haben, dass sie darüber aber nicht in der Öffentlichkeit berichtet haben wollen. Außerdem gibt es unter manchen Initiativen der Mieter*innenbewegung die Einschätzung, dass unserer Kampagne den Druck auf eine gesetzliche Regelung zugunsten von Gewerbemieter*innen nehmen könnte, weil die Mietenbrücke Beispiele von Vermieter*innen zeigt, die ihre Verantwortung auch freiwillig wahrnehmen. 

(Wie) können Interessierte bei euch mitmachen?

Wir haben eine Petition gestartet, die geteilt werden kann. Außerdem sind wir für strategische Partnerschaften mit anderen Projekten/Initiativen/Verbänden offen.

Welches Potential für gesellschaftliche Veränderung seht ihr in eurer Initiativenarbeit?

m Kern geht es bei der Kampagne darum, im „Lager der Immobilien-Vermieter*innen“ diejenigen zu stärken, die sich als „faire Vermieter*innen“ begreifen und auch dementsprechend mit nachhaltigen Strategien agieren. Wir halten es für dringend geboten, dass sich diese Gruppe von den klar negativ handelnden, nur auf Rendite ausgerichteten Akteur*innen abgrenzt – auch aus dem Eigeninteresse heraus, sich im Marketing von den Spekulant*innen zu distanzieren.

Foto: Marco Verch, CC 2.0

Verlinkungen