Wer ist für was zuständig?
Sollen wir unseren Bezirk in unseren Flyern ansprechen, wenn uns mieten- und wohnungspolitische Fragen plagen, oder lieber gleich den Senat? Wenn es auch nie falsch sein kann, den eigenen Bezirk auf Missstände aufmerksam zu machen, können Initiativen davon profitieren, ihre eigenen Anliegen einzuordnen.
Es ist wichtig zu wissen, welche Gesetze und Einrichtungen die Mieten- und Wohnungspolitik regeln. Deshalb kann man nun auf ein Glossar des IniForums zurückgreifen. Am Ende des Textes steht das Glossar zum Download bereit. Es ist einfach aufgemacht, obwohl es schwierige Themen behandelt. Es soll ausdrücklich zum Stöbern, Lernen und späteren Nachgucken anregen.
Bund, Land, Kommune: Verschiedene Zuständigkeiten
Gesetze werden durch Parlamente beschlossen und durch Verwaltungen ausgestaltet und mit Leben gefüllt. Parlamente mit Gesetzgebungskompetenz gibt es in Deutschland auf Bundes- und Landesebene. Die kleinste Ebene der Kommune kennt zwar auch gewählte Vertreter*innen. Diese erlassen aber keine Gesetze. In Berlin treten die zwölf Bezirke als Kommunen auf, auch wenn es dabei einige Besonderheiten gibt, weil Berlin ein Stadtstaat ist. Verwaltungen, die Gesetze zum Beispiel mit Verordnungen umsetzen, gibt es in Bund, Land und Kommune. Oft passiert die Umsetzung auf einer kleineren Ebene – zum Beispiel setzt der Berliner Senat mit einer Verordnung ein Bundesgesetz um. Bei manchen Gesetzen muss er das tun, bei anderen kann er selbst entscheiden. Außerdem ist der Spielraum verschieden. Manchmal ‚aktiviert‘ die Verwaltung nur eine fertige Regel, manchmal darf sie beispielsweise eigene Kriterien festlegen, wann die Regel gilt oder in welchem Umfang sie umgesetzt wird. Wer in Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik für was zuständig ist, ist deshalb manchmal nicht einfach zu verstehen.
Die groben Spielregeln macht der Bund
Die groben Spielregeln macht in jedem Falle der Bundestag, der im Bürgerlichen Gesetzbuch die meisten Regeln zum Mietrecht festlegt und im Baugesetzbuch das Planen und Bauen regelt. Zugleich ist das Land, bei uns Berlin, für das Wohnungswesen zuständig. Das kann frustrierend sein, da der Bund bereits das Mietrecht und damit den größten ‚Hebel‘ regelt. Es ergeben sich aber immer wieder große Spielräume, bei denen das Land eigene Gesetze erlassen kann – etwa zur Zweckentfremdung von Wohnraum oder zur Einrichtung eigener Wohnungsgesellschaften. Wo Land und Bezirke nur ausführend tätig sind, können sie trotzdem ihre politischen Spielräume mehr oder weniger selbstbewusst und manchmal auch kreativ nutzen. Außerdem ist das Land Berlin durch seine Regierungsparteien im Bundesrat vertreten. Es kann sich dort mit anderen Bundesländern zusammentun, um die Bundesregierung und den Bundestag davon zu überzeugen, auch Bundesgesetze zu ändern.
Auch zwischen Land und Bezirk ist nicht alles einfach
Die Beziehung von Land und Bezirk kann je nach Regelung ebenfalls sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich kann ein Bezirk keine eigenen Gesetze erlassen, weil er kein Parlament besitzt. Seine Verwaltung kann wie die Senatsverwaltung des Landes Verordnungen erlassen – muss sich dabei aber nach den Regeln der Bundes- und Landesebene richten und hat deutlich geringere Spielräume. Auch kann der Berliner Senat beschließen, dass ein Vorhaben, für das eigentlich ein Bezirk zuständig wäre, von gesamtstädtischer Bedeutung ist. Das betrifft etwa Bebauungspläne wie den auf dem Kreuzberger Grundstück von Karstadt am Hermannplatz. Der Senat entzieht dann dem Bezirk die Kompetenz für das Vorhaben. Das geschieht besonders in Bereichen, in denen er weite Entscheidungsspielräume hat. An anderer Stelle führt der Bezirk ohnehin nur aus, was Abgeordnetenhaus und Senat durch Gesetze und Verordnungen vorgeben. Die Bezirke sind dafür besonders geeignet, weil bei Land und Bund kaum Personal eingesetzt ist, um Regelungen vor Ort tatsächlich umzusetzen, etwa durch Ordnungsamt und Bauämter.
Verschiedene Arten von Werkzeugen
Die Liste der Werkzeuge, um Stadtentwicklung und Wohnungsversorgung zu gestalten, ist lang und kann auf verschiedene Weise geordnet werden. Besonders verbreitet ist die Unterteilung in Regulation, Förderung und öffentliches Eigentum.
Regulation umfasst Vorgaben und Planungen, welche Politik und Verwaltung für sich selbst und alle anderen Beteiligten machen. Das betrifft zulässige Miethöhen ebenso wie Regelungen zu Leerstand oder Planvorgaben für konkrete Bauprojekte.
Förderung bedeutet, dass für bestimmte Zwecke und teils mit Gegenleistung öffentliche Mittel bereitgestellt werden – etwa für die Errichtung von Sozialwohnungen, als Wohngeld für Mieter*innen oder zur Einrichtung von Quartiersmanagementbüros.
Öffentliches Eigentum bedeutet, dass Boden und Gebäude der öffentlichen Hand, also der Allgemeinheit, gehören. Sie können etwa durch landeseigene Wohnungsgesellschaften selbst Wohnungen bereitstellen und dort die Miethöhen festlegen – selbstverständlich in Übereinstimmung mit allgemein gültigen Gesetzen.
Jenseits dieser Liste gibt es weitere kleinere Werkzeuge wie die Einrichtung von Beratungsstellen. Manche Maßnahmen gehören auch in mehrere Kategorien. Die Anwendung von Vorkaufsrechten etwa basiert auf Planungen, ist oft mit der Bereitstellung von Fördermitteln verbunden und kann das öffentliche Eigentum vergrößern.
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