Beitrag #16 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021
Wir veröffentlichen hier den 16. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier vom AK Wohnungsnot
Als klassischer Arbeitskreis der sozialen Arbeit bestehen wir seit nunmehr über 30 Jahren. Schwerpunkt war dabei immer die Vernetzung von Sozialarbeitenden der Wohnungsnotfallhilfe und der gemeinsame Kampf gegen die Wohnungsnot in Berlin. Mit dabei sind Einrichtungen, Kolleg:innen und Betroffene aus dem gesamten Stadtgebiet. Streetworker:innen und Mitarbeiter:innen von Wohnheimen, Betreuungsangeboten und Tagesstätten kommen mindestens einmal im Monat zusammen und arbeiten darüber hinaus in AGs.
Das Problem ist verbreitet
Wir betrachten die Wohnungsnot vor allem aus der Perspektive von Menschen ohne eigenen Wohnraum beziehungsweise der Sozialarbeitenden der Wohnungsnotfallhilfe. Obdach- und Wohnungslosigkeit betrachten wir als Spitze des Eisbergs der Wohnungsproblematik von Berlin. Wir erfahren tagtäglich in unserer Arbeit, dass jeder Mensch wohnungslos und im schlimmsten Fall auch obdachlos werden kann.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt uns, dass immer mehr Menschen auch aus klassischen Mittelschichten im System der Wohnungsnotfallhilfe auftauchen. Trotz weiterhin fehlender Statistik wissen wir von circa 50.000 wohnungslosen Menschen in Berlin. Dazu kommen zahlreiche Couchhopper, Menschen (vor allem Frauen) in toxischen und gewalttätigen Beziehungen und junge Menschen, die ihr Elternhaus nicht verlassen können. Sie alle gelten per Definition auch als Wohnungslose, sind aber kaum zählbar. Die katastrophale Entwicklung am Wohnungsmarkt hat das Problem in den letzten zehn Jahren massiv wachsen lassen. Unsere Forderungen Wir wollen in Berlin eine Exitstrategie aus der Wohnungsnot. Mittlerweile folgt sogar die Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) dieser Forderung und spricht von einem Masterplan zur Beendigung der Wohnungsnot. Für Berlin brauchen wir genau das. Ein Programm, das die Überwindung der Wohnungsnot für unfreiwillig wohnungslose Menschen in den Fokus rückt. Dabei soll die Prävention, die Unterstützung akut wohnungsloser Menschen sowie deren Versorgung mit Wohnraum ganzheitlich gedacht werden und zu einem Paradigmenwechsel in der Wohnungsnotfallhilfe führen. Wir als Sozialarbeitende wollen weg von der reinen Armutsverwaltung der letzten Jahre. Unsere Forderung ist eine reformierte Wohnungsnotfallhilfe, die für alle Beteiligten bessere Bedingungen bieten wird. Sozialarbeitende sollen Armut nicht mehr nur verwalten müssen, moderne öffentliche Verwaltungen sollen ausreichende Handlungsmöglichkeiten erhalten und
wohnungslose Menschen in eigenen Wohnungen leben.
Lösungsansatz
Wir fordern den Stopp der Wohnungsnot in Berlin bis zum Jahr 2030. Damit folgen wir auch dem Entschließungsantrag des EU-Parlaments, die Wohnungsnot bis 2030 in der EU zu beenden. Dafür brauchen wir ein umfangreiches und gesamtstädtisches Programm mit klar evaluierbaren Zwischenzielen. Dazu gehört für uns die Schaffung von ausreichend kommunalem Wohnraum und auch für soziale Träger die Möglichkeit, Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen zu schaffen. Dafür braucht es zusätzliche Fördermöglichkeiten und Unterstützung durch die Stadt.
Wir wollen darüber hinaus die zentrale Steuerung der sozialen Wohnraumversorgung durch die Stadt. Massenunterbringung und klassische Wohnheime haben sich insbesondere in der Pandemie überlebt. Wir wollen wieder hin zur echten Wohnraumversorgung. Weiterhin müssen wir aufhören, Menschen auf die Straße zu räumen. Wir fordern deshalb ein Räumungsmoratorium für Familien mit Kindern und keine Räumung ohne Ersatzwohnraum. Darüber hinaus wollen wir ein umfangreiches Partizipationskonzept der betroffenen wohnungslosen Menschen und eine unabhängige Beschwerdestelle für diesen Bereich.
Wir hoffen, so dem Profit mit der Not ein Ende setzen zu können. Wohnen ist für uns ein Menschenrecht und muss auch entsprechend politisch behandelt werden. Die eigene Wohnung muss immer im Mittelpunkt aller Bestrebungen stehen!
Wir fordern
- Ein Ende der (unfreiwilligen) Wohnungslosigkeit für alle Menschen!
- Keine Zwangsräumungen, weder von Wohnungen, noch im öffentlichen Raum!
- Leerstehende Wohnungen beschlagnahmen, Obdachlose unterbringen!