Beitrag #12 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021
Wir veröffentlichen hier den 12. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von der Gesetz AG Mietenvolksentscheid und 23 Häuser sagen NEIN!
Unter der Devise „Privat vor Staat“ haben Berliner Senate seit den 1990er Jahren große Wohnungsbestände privatisiert, indem diese an profitorientierte Unternehmen verkauft wurden. Das war ein politisches wie finanzielles Verlustgeschäft, das durch den „alten“ sozialen Wohnungsbau mit seinen auslaufenden Bindungen verschärft wird.
Die darauf folgende rot-rot-grüne Landesregierung hat sich 2016 verpflichtet, den geschrumpften Bestand der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften (LWU) aufzustocken. Dabei gilt bis heute trotz explodierender Baukosten und Bodenpreise der Neubau als Königsweg – mit entsprechend hohen Mieten. Deshalb ist der deutlich kostengünstigere Rückkauf von Bestandswohnungen unumgänglich.
Der von 2016 bis 2021 regierende Senat hat beim Rückkauf einiges realisiert, zum Beispiel die „Leuchtturmprojekte“ NKZ in Kreuzberg und Cité Wedding, beziehungsweise Einzelankäufe über Zuschüsse im Rahmen des kommunalen Vorkaufsrechts finanziert. Das ist aber bei Weitem nicht ausreichend.
Der genossenschaftliche und gemeinnützige Sektor muss drastisch ausgeweitet werden. Es braucht hier einen Paradigmenwechsel, um das Ziel der (Re-)Kommunalisierung als Säule der Sicherung bezahlbaren Wohnens zu erreichen.
Unsere Forderungen
- (Re-)Kommunalisierung durch Ankauf von Beständen muss als eigenständiges und dem Neubau gleichwertiges Ziel anerkannt und umgesetzt werden. Übergeordnetes Ziel muss sein, mehr als 50 Prozent des Wohnungsbestands in gemeinnützige Hand und damit zur gemeinwohlorientierten Nutzung und Bewirtschaftung zu bringen.
- Im Sinne einer neuen, umfassenden Kommunalisierungsstrategie kann der Vor- und Ankauf nicht nur den LWU übertragen werden. Vielmehr sollen alle gemeinnützig wirtschaftende Akteur:innen dabei berücksichtigt und finanziell unterstützt werden.
- Für angekaufte Wohnungen gilt: Liegen deren Nettokaltmieten im Mittel höher als die laut Koalitionsvereinbarung festgelegten 6,50 Euro pro Quadratmeter, wird bei Wiedervermietung die Miete aller Ankaufswohnungen (also nicht nur die jeder zweiten, wie in der Kooperationsvereinbarung 2017 festgelegt) auf 6,50 Euro netto kalt gekappt. Die aus diesen Mindereinahmen entstehenden Verluste werden aus den Gewinnen des laufenden Vermietungsgeschäfts oder aus Zuschüssen der Landeskasse kompensiert.
- Die profitorientiert wirtschaftenden Wohnungsunternehmen mit einem relevanten, marktdominierenden Bestand von über 3.000 Wohnungen sollen vergesellschaftet werden. Vor allem im Falle des gültigen Volksentscheids soll das Land Berlin diesen rechtlich absichern und umsetzen.
- Das Land Berlin soll alle spekulativ leerstehenden Häuser und Gebäudekomplexe auf Basis des zu verabschiedenden Gesetzes zum Volksentscheid enteignen und vergesellschaften.
- Kommunaler Vorkauf und Vergesellschaftung von Beständen sollen mit einer Demokratisierung einhergehen. Vor allem in kommunalisierten Bestandskomplexen ist die Mitsprache der Mieterräte und -beiräte sowie selbstorganisierter Hausräte ( —> „[[Mieterräte, Mieterbeiräte und Hausräte stärken]]“) bei der Bewirtschaftung zu stärken.
- Alle Akteur:innen, die kommunalisierte Bestände übernehmen, sollen sich dem Land Berlin gegenüber verpflichten, bezüglich Mietpreise und Vergabe an besondere Bedarfsgruppen und WBS-Berechtigte ähnliche Bedingungen zu garantieren, wie sie die Kooperationsvereinbarung für die städtischen Wohnungsgesellschaften vorschreibt. Dies soll auch für die Wohnungsaktivitäten der Berlinovo als quasi siebtes städtisches Unternehmen gelten.
- Gemeinwohlorientierte Akteur:innen sollen die gleichen Förderbedingungen erhalten, wenn sie die Auflagen der Kooperationsvereinbarung mit den LWU übernehmen.