Eine Stellungnahme zum Hearing „„Mieter*innenmitbestimmung bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen“ am 10. Juni 2021

Die Initiativgruppe Berliner Mieterbeiräte (IniGr-BMBR) beteiligte sich an der Mitgestaltung des Hearing #6 des IniForums am 10. Juni und hat dazu eine Stellungnahme abgegeben. Wir veröffentlichen diese hier unverändert.

Das Online durchgeführte Hearing hatte zum Ziel, Fragen der Novellierung des Wohnraum-versorgungsgesetzes Berlin hinsichtlich der erstmaligen gesetzlichen Verankerung der Mieterbeiräte zu diskutieren. Beteiligt waren die Initiativgruppe Berliner Mieterbeiräte, das Bündnis Kommunal & Selbstverwaltet Wohnen, die AG Mietenvolksentscheid sowie die wohnungspolitischen Sprecher der Berliner Koalitionsparteien Michail Nelken (Die Linke), Katrin Schmidberger (Bündnis90/Die Grünen) und Iris Spranger (SPD). Durch die Staatssekretärin Wenke Christoph in der Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung und Wohnen (SenSW) wurde der aktuelle Entwurf zur „Änderung des Gesetzes zur sozialen Ausrichtung und Stärkung der landeseigenen Wohnungsunternehmen für eine langfristig gesicherte Wohnraumversorgung“ vorgestellt. Die im Oktober 2020 als Ergebnis einer Arbeitsgruppentätigkeit der Wohnraumversorgung Berlin unter Beteiligung von Mieterbeiräten aufgestellte Forderung, die Mieter-beiräte bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) fest im Gesetz zu verankern und damit Rechte und Pflichten zu definieren, wurde dabei berücksichtigt. Der Forderung ging voraus, dass die Mieterbeiräte unabhängig vom Wohlwollen der LWU ihre ehrenamtliche Tätigkeit leisten und gesetzlich verankerte Unterstützung erhalten.

Ziel war es auch, ein Mitbestimmungsrecht für die Mieterbeiräte für die durch die LWU zu treffenden Entscheidungen zu verankern, die die jeweiligen Quartiere betreffen. Diese Zielstellung war der Knackpunkt bei der Akzeptanz und weiteren Bearbeitung der Gesetzesvorlage. Bei den beteiligten verwaltungs- und politisch Agierenden und Entscheidungsträgern war eine mehr oder weniger verfestigte Ansicht entstanden, dass die MBR somit in die Geschäftstätigkeit der LWU eingreifen könnten. Dies wurde in der SenWS mit einer juristischen Stellungnahme unterlegt, die den Mitgliedern der Arbeitsgruppe bis zum heutigen Tag vorenthalten wird. Sie fand allerdings ihren Niederschlag in der Änderung der Begrifflichkeit der Mitbestimmung in Mitwirkung und Mitgestaltung.

Im weiteren Verfahren soll die Befassung im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme der Beteiligten mit einer Terminierung auf den 21. Juni 2021 und des Verwaltungsaktes weiter verfolgt werde. Dieses Schreiben der Staatssekretärin ging den Beteiligten erst am Tag vor den Hearing zu. Das von der SenSW festgelegte Verfahren steht aber in der Gefahr, die Novellierung soweit zu verzögern, dass eine Befassung im Abgeordnetenhaus noch in dieser Legislatur nur theoretisch möglich wäre. Eher würde es in die nächste Legislatur verschoben bzw. begraben werden.

Der Input der Initiativgruppe ging direkt auf diese Problematik ein und fragte nach, ob es von der SenSW tatsächlich noch als realistisch eingeschätzt würde, noch in dieser Legislatur zu einem geänderten WoVG zu kommen und wie die bisher blockierende SPD zu diesem neuen Entwurf stehe, sie sei nun am Zuge. 

Seit letzter Dekade Mai lag eine Gesetzesfassung vom wopo Sprecher der LINKEN, Herrn Nelken, vor, welche darauf abzielte, durch ein Parlamentsverfahren (wo die Abgeordneten die Akteure sind) statt einem Senatsverfahren (mit vielen Einzelschritten, Begutachtungen, Verwaltungsbeteiligungen und Abhängigkeiten etc.) noch in dieser Legislaturperiode das Änderungsgesetz einzubringen. Dieses wurde wegen der Begrifflichkeit Mitbestimmung durch die SPD-Vertreterin Ines Spranger strikt abgelehnt. Das schnellere und ebenso rechtssichere Parlamentsverfahren, das ebenfalls eine rechtliche Wertung der Inhalte einer Gesetzesnovelle vorschreibt, lehnte Frau Spranger auch für den jetzt vorliegenden Entwurf ohne Mietermitbestimmung ab und äußerte grundsätzliche Zweifel an der rechtlichen Prüfung der jetzigen Vorlage der Verwaltung.

Ihre Auffassung besteht darin, dass sie zwar nur das Beste für die MBR will, wörtlich: „Sie liegen mir fest am Herzen“, aber die Regelungen dazu nicht über ein Gesetz erfolgen müssten. Eine Regelung über eine erneuerte Kooperationsvereinbarung zwischen der SenSW und den 6 LWU hält sie für den geeigneteren Weg. Damit stellen sich Frau Spranger und die SPD gegen Koalitionsabreden und gegen den zwischen den wohnungspolitischen Sprechern erzielten Konsens, eine Novelle des WoVG zur Einbeziehung der Mieterbeiräte ausgehend von der Anhörung im Ausschuss, über die Bildung einer Arbeitsgruppe unter Federführung der WVB zum Beschluss im Abgeordnetenhaus vorzubereiten.

Frau Spranger war, nach eigener Aussage während des Hearíngs, jahrelang als ehemalige Finanz-staatssekretärin in der SenF in vielen Aufsichtsräten tätig, auch in den landeseigenen Wohnungsunter-nehmen und kennt aus dieser Zeit die Abneigung von Aufsichtsräten und Verwaltungen gegenüber Mitbestimmungsrechten. Sie verteidigt demzufolge den unbändigen Willen und beschwört die Ängste von Entscheidungsträgern in den LWU, sich nicht  in die Geschäftstätigkeit reinreden zu lassen. Das ist eine vorgeschobene Argumentation, denn die Mieterbeiräte sollten schon in der ursprünglichen Fassung nicht in den Aufsichtsräten mitbestimmen können, sondern nur bei Entscheidungen der LWU in den jeweiligen Quartieren der Mieterbeiräte. Frau Spranger bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung, ist für keinerlei konstruktive Vorschläge der anderen wopo Sprecher aus Bündnis90/Die Grünen und der Linkspartei und der SenSW offen und ihr Auftreten vermittelt den Eindruck, als wäre es ihr aufgetragenes Ziel, die Gesetzesnovelle in dieser Legislatur zu Fall zu bringen und dann womöglich gar nicht mehr parlamentarisch zu behandeln.

Die Vertreter der Initiativgruppe teilen das Unverständnis der  anderen Beteiligten am Hearing, die die Haltung von Frau Spranger nicht nachvollziehen konnten und ihr Auftreten ebenso wie ihre Argumentation sehr kritisch sehen. 

Wem gehören eigentlich die Unternehmen und wer gibt die Regeln vor? Sie gehören der Stadt als Haupteigentümer und somit der Stadtgesellschaft. Im Auftreten von Frau Spranger konnten wir den Eindruck gewinnen, die Politik maßt sich nicht nur die Eigentümerrolle an, sie unternimmt auch den Versuch, die seit Jahren konstruktiv und verantwortungsvoll tätige ehrenamtliche Mieterbeiräte zu gängeln und ihnen einen lange fälligen rechtlichen Status vorenthalten zu wollen.  

Es entsteht der Eindruck, dass die Mieterbeiräte neben der Organisation von Hoffesten, der Gestaltung des Hinterhofs und der Sammlung von Verbesserungsvorschlägen für den Kiez, das Haus oder den Wohnblock eher darin ihre Aufgabe sehen sollen, als nützliche Vorortkräfte  zu wirken. die den Unmut der Mieterschaft zu Unternehmensentscheidungen abfangen, die legitime Mieterinteressen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigen. Dafür werden Mieterbeiräte nicht zur Verfügung stehen.

Berlin, 17. Juni 2021

Interimssprecher

Eberhard Elsing, Detlev Lezim