Beitrag #18 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 18. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier vom Bündnis digitale Stadt Berlin

228 Euro pro Jahr zahlen Mieter:innen in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg zusätzlich – allein wegen Airbnb. Die quasimonopolistische Wohnungsplattform aus dem Silicon Valley ist für 17 Prozent Mietpreissteigerung in der Berliner Innenstadt in den Jahren 2013 bis 2015 verantwortlich, ergab eine Studie des Instituts für Wirtschaftspolitik der Universität Köln. Was als uneigennütziges „Homesharing“ begann, ist längst zu einem lukrativen Gewinnmaximierungs-Tool für Vermieter:innen geworden. Im Vergleich zur durchschnittlichen Langzeitmiete lässt sich über Airbnb-Vermietungen teilweise mehr als das Doppelte verdienen. Entsprechend wollen immer mehr Vermieter:innen ihre Wohnungen dem normalen Mietmarkt entziehen und ihn als Tourist:innenunterkunft zweckentfremden. Unterstützt werden sie dabei von Risikokapitalgeber:innen, die das rasante Wachstum von Airbnb mit mehreren Milliarden US-Dollar subventionieren, um selbst an den steigenden Aktienkursen mitzuverdienen. Derzeit werden über sieben Millionen Unterkünfte in 100.000 Städten weltweit auf diese Weise finanzialisiert. Gemessen am gesamten Berliner Wohnungsbestand mag der Anteil der Airbnb-Wohnungen klein erscheinen, doch gerade in den Innenstadtbezirken übersteigt die Zahl der Airbnb-Unterkünfte das Angebot von verfügbaren Mietwohnungen um ein Vielfaches. Eine Verknappung von Wohnraum und höhere Mieten sind die Folge.

Die Berliner Landesregierung versucht seit 2013, der Finanzialisierung von Wohnraum über digitale Plattformen mit einem mehrfach überarbeiteten Zweckentfremdungsverbot zu begegnen. Inzwischen müssen die Unterkünfte registriert werden und dürfen nicht länger als 90 Tage im Jahr vermietet werden. Eine Verwaltungseinheit soll Betrüger:innen aufspüren, es drohen Strafen von bis zu 100.000 Euro. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gab 2019 an, über 9.300 Ferienwohnungen wieder dem regulären Mietmarkt zugeführt zu haben. Doch die Regulierung wirkt nicht gut. Nach wie vor sind vier von fünf Airbnb-Wohnungen in Berlin nicht registriert und damit illegal. Der Grund ist, dass Airbnb die Daten seiner Vermieter:innen nicht an die Stadtverwaltung weitergibt. Selbst bei Angeboten, die offensichtlich gegen das Zweckentfremdungsverbot verstoßen, verhindert Airbnb die Rechtsdurchsetzung mit Verweis auf das Datenschutzrecht der Steueroase Irland, wo das Unternehmen seinen europäischen Hauptsitz hat. Wichtige Informationen wie die Straße, in der die Wohnung liegt, wurden zudem seit 2017 absichtlich entfernt, sodass die Vermieter:innen schwerer zu identifizieren sind. Dies legt nahe: Airbnb schützt illegale Unterkünfte und verdient daran – auf Kosten der Allgemeinheit.

Damit das Zweckentfremdungsverbot des Senats effektiv greift, sind drei zentrale Maßnahmen nötig:

1. Wohnungsplattformen wie Airbnb sollten verpflichtet werden, nur registrierte Vermieter:innen aufzuführen. Wenn sie unregistrierte Vermieter:innen aufführen oder solche, die mehrere Unterkünfte anbieten oder die länger als 90 Tage im Jahr vermieten, sollten die Plattformen Bußgelder zahlen müssen. Auch europäische Gesetzgebungsprozesse – wie aktuell zum Digital Services Act – sollten bewusst genutzt werden, um die Interessen der Stadtbevölkerung gegenüber Plattformen durchzusetzen.

2. Wohnungsplattformen sollten gesetzlich dazu verpflichtet werden, eine Datenschnittstelle bereitzustellen, über die die Verwaltung jederzeit unregistrierte und illegale Unterkünfte aufspüren kann.

3. Es braucht mehr Alternativen zu Airbnb und Co für datenschutzfreundliches und soziales Homesharing. Einerseits sollten genossenschaftliche Wohnplattformen wie Fairbnb finanziell unterstützt werden, andererseits sollte die Einrichtung einer europaweiten öffentlichen Wohnplattform im Rahmen des Städtebündnisses Eurocities geprüft werden.