Beitrag #22 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 22. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von 23 Häuser sagen NEIN!, Bizim Kiez, MieterWerkStadt Charlottenburg, Sozialbündnis Alt-Treptow

Überall in Berlin werden Häuser verkauft. Die Immobilien- und Bodenpreise steigen seit Jahren rasant an. Käufer:innen sind zunehmend große (börsennotierte) Immobilienunternehmen, Großinvestor:innen, Briefkastenfirmen oder noch undurchsichtigere Firmen. Sie können und wollen hohe Preise bedienen und Immobilien als Kapitalanlage bewirtschaften, damit ihre Spekulation auf hohe Erträge perspektivisch in Erfüllung geht. Preistreiber sind: Mieterhöhung, ausgesetzte Instandhaltung, umgelegte Modernisierung, Erhöhung der Betriebskosten durch Outsourcing an Tochterunternehmen oder Umwandlung in Eigentumswohnungen.

Das kommunale Vorkaufsrecht hat das Potenzial, die von Spekulation getriebenen Verdrängungsmechanismen einzudämmen, indem die Häuser auf eine gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung ausgerichtet und damit dem privaten Markt entzogen werden. Es ist ein Instrument zur Kommunalisierung beziehungsweise Kollektivierung und kann – in relevantem Umfang umgesetzt – der öffentlichen Hand Stück für Stück die Souveränität über die Miet-, Immobilien- und Bodenpreisentwicklung in Berlin zurückgeben. Dafür braucht es aber verfahrenstechnische Korrekturen, Transparenz, Einheitlichkeit und Konsequenz auf Landesebene, sprich eine Verschärfung der Gesetzgebung auf Bundesebene.

Konkrete Forderungen auf Landes- und Bundesebene

  • Landesweite, institutionalisierte Koordinierung bei bezirksübergreifenden Vorkaufsfällen, verbesserter Informationsfluss zwischen Land und Bezirken
  • Zwingende Verkehrswertprüfung, um preislimitiertes Vorkaufsrecht (das nach jetziger Bundesgesetzgebung schon zulässig ist) für jedes Haus zu prüfen
  • Standardisierte harte Abwendungsvereinbarung in einer Abwendungsdatenbank für ganz Berlin, verbunden mit Transparenz über Abschlüsse und Vertragspartner:innen Aufbau von Vorkaufsräten auf bezirklicher Ebene
  • Gleichwertige Behandlung von gemeinwohlorientierten Käufer:innen. Damit keine Bevorzugung von LWU gegenüber Genossenschaften, dem Mietshäuser Syndikat und Vereinen oder Hausgemeinschaften in Vereinsgründung inklusive entsprechender gleichwertiger Förderung und Zugang zu Zuschüssen und Landeskrediten
  • Refinanzierung des Immobilienankaufs auf mindestens 30 Jahre strecken, um so mehr Vorkäufe zu ermöglichen
  • Mehr Mitsprache für Mieter:innen durch Einbeziehen ihrer Delegierten bei entscheidenden Verhandlungen
  • Einrichtung einer „Landesankaufsgesellschaft“, die, ähnlich einem Community Land Trust oder dem Berliner Bodenfonds, als Dritte Vorkaufsrechte übertragen bekommt und im Nachgang die Bewirtschaftung an andere gemeinwohlorientierte Gesellschaften über Erbbaurechte überträgt
  • Bundesratsinitiative des Landes Berlin mit dem Ziel der preislimitierten Ausübung des Vorkaufsrechts (Änderung BauGB § 28 Absatz 3 BauGB, Änderung § 194 BauGB sowie aller nachgesetzlicher Vorgaben, unter anderem ImmoWertV, Wertermittlungsrichtlinien), damit gemeinwohlorientierte Dritte nicht die Spekulationsgewinne profitorientierter Händler:innen finanzieren müssen, sondern nur den Ertragswert der Immobilie, der sich durch die Mieteinnahmen bei sozialer Nutzung erwirtschaften lässt (sozialverträglicher Ertragswert)
  • Unterbinden von Share Deals per Bundesgesetz, damit das kommunale Vorkaufsrecht nicht weiterhin durch Gesellschaftsverkäufe anteiliger Eigentümer:innen ausgehebelt werden kann.