Beitrag #11 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 11. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von #200Häuser

Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen treibt den Ausverkauf der Stadt voran. Umgewandelte Häuser werden meist modernisiert. Jahrelange Baumaßnahmen belasten die Mieter:innen – wer kann, zieht aus. Wohnungen stehen trotz des Zweckentfremdungsverbots lange leer. Das ist gut für die Eigentümer:innen, lässt sich eine leere Wohnung doch viel teurer verkaufen als eine bewohnte. Jene, die bleiben, können sich die Verkaufs- und Mietpreise zumeist nicht leisten: Um die spekulativ hohen Kaufpreise zu refinanzieren, erhöhen die Käufer:innen (oft Anleger:innen und Akteur:innen aus der Immobilienwirtschaft) die Mieten entsprechend. Der knappe Wohnungsbestand mit bezahlbaren Mieten wird so dauerhaft verringert.

Sind die Kündigungssperrfristen nach dem Verkauf abgelaufen, droht den Mieter:innen Eigenbedarfskündigung und Zwangsräumung. Die Sperrfristen gelten nicht, wenn die Wohnung der Mieter:innen vor ihrem Einzug umgewandelt wurde. Eigenbedarfskündigungen sind dann jederzeit mit den regulären Kündigungsfristen möglich. Eigentümer:innen müssen ihren Mieter:innen nicht mitteilen, ob die Wohnung bereits umgewandelt wurde.

Auch in Milieuschutzgebieten, in denen die Umwandlung genehmigungspflichtig ist, sind Mieter:innen nicht sicher. Dort müssen die Bezirke die Umwandlungen genehmigen, wenn sich Eigentümer:innen verpflichten, ihre Wohnungen innerhalb von sieben Jahren an Mieter:innen zu veräußern. 95 Prozent der Anträge auf Umwandlung in Berliner Milieuschutzgebieten werden mit dieser Ausnahmeregel begründet.

Zur Eigentumsbildung unter breiten Teilen der Bevölkerung kommt es dabei nicht. Zwischen 2015 und 2019 wurden 18.382 Wohnungen in Milieuschutzgebieten umgewandelt. Von Mieter:innen tatsächlich gekauft wurden 54. Auch wird versucht, freigewordene Wohnungen in Milieuschutzgebieten an „Strohmieter:innen“ zu vergeben. Diese ziehen kurz vor der Umwandlung ein, erwerben die Wohnung im Rahmen der 7-Jahre-Regel, modernisieren und verkaufen sie weiter.

Stopp ohne Ausnahmen

Die weitere Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen muss gestoppt werden. Ausnahmeregelungen und andere Bestimmungen, die Gesetze unwirksam machen, sind abzuschaffen. Das gilt für das Umwandlungsverbot im Baulandmobilisierungsgesetz und für die Zweckentfremdungsverordnung. Modernisierungen müssen erschwert und unrentabel werden. Bodenpreissteigerung, Spekulation und die Finanzialisierung von Wohnungen müssen unterbunden werden. Mieter:innen müssen erfahren, ob sie in einer umgewandelten Wohnung leben. Sie brauchen einen wirksamen Schutz gegen Eigenbedarfskündigung.

Wir fordern

  • ein unbefristetes Verbot für das Umwandeln von Miet- in Wohnungseigentum sowohl in Milieuschutzgebieten als auch auf angespannten Wohnungsmärkten
  • die ersatzlose Streichung aller Ausnahmeregelungen, die als Schlupflöcher dienen oder neue begründen und die Streichung der Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB
  • weitere Milieuschutzgebiete im gesamten Stadtgebiet, insbesondere in stark nachgefragten Wohnlagen
  • einen erweiterten Schutz von Mieter:innen, die von Modernisierung betroffen sind, mit einer zeitlichen Beschränkung für Modernisierungen (30 Jahre)
  • Eigentümer:innen zu verpflichten, ihre Mieter:innen über den Status ihrer gemieteten Wohnung oder ihres Hauses zu informieren
  • die Einrichtung eines echten und wirksamen Zweckentfremdungsverbots
  • die finanziellen und personellen Voraussetzungen für die wirksame Umsetzung und Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben in den Milieuschutzgebieten
  • von den Bezirksämtern, dass sie Bestandsmieter:innen erfassen und prüfen, ob diese mindestens zwei Jahre mit ihrem Hauptwohnsitz in der Wohnung gelebt haben (siehe Neuköllner Weg), bevor sie eine Umwandlung genehmigen und bis die ersatzlose Streichung des § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB erfolgt ist