Das vollständige Protokoll des 9. Hearings des IniForum „Wohnungs- und Mietenpolitik nach der Wahl – Forderungen und Lösungsvorschläge im mietenpolitischen Dossier“ vom 28. April 2023

Fabian Steinecke (Initiativenforum Stadtpolitik Berlin) begrüßt die Anwesenden und weist auf die Tischvorlage hin, „Das mietenpolitische Dossier“. Wegen der unsicheren politischen Situation nach der Wahl konnten in der Einladung die Teilnehmenden noch nicht genannt werden. Da die Koalition erst am Vortag verkündet wurde, stehe das Initiativenforum nun vor einer ungewöhnlichen Situation: War es sonst ein Ort des lösungsorientierten Austauschs der Initiativen mit Vertreter:innen der Koalition, wurden für den heutigen Abend alle Parteien eingeladen.

Moderatorin Johanna Treblin erläutert kurz die generelle Zielsetzung der Hearings, die Kooperationen der Initiativen mit Abgeordneten, dem Senat und den Senatsverwaltungen fördern sollen. Sie weist auf die früheren Hearings hin, deren Themen sich auch im „Mietenpolitischen Dossier“ finden, das vor der Abgeordnetenhauswahl 2021 von 27 mietenpolitischen Initiativen ausgearbeitet wurde und Lösungsvorschläge für die drängendsten Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt bereithält. Nach den anderthalb Jahren der rot-grün-roten Koalition soll nun eine Bestandsaufnahme erfolgen: Was wurde getan, was muss noch getan werden?

Sie stellt die anwesenden Abgeordneten vor: Ülker Radziwill (SPD), nun ehemalige Staatssekretärin für Mieterschutz und Quartiersentwicklung, Julian Schwarze (Grüne), Sprecher für Stadtentwicklung, Tourismus und Clubkultur, Katrin Schmidberger (Grüne), Sprecherin für Wohnen und Mieten sowie Haushaltspolitik, und Niklas Schenker (Linke), Sprecher für Mieten, Wohnen, öffentlichen Wohnungsbau und Wohnungsbauförderung, Rad- und Fußverkehr sowie Clubkultur.

Lisa Vollmer, Mitautorin des Mietendossiers und Mitglied der Taskforce „Klimagerecht enteignen“, einer Untergruppe von Deutsche Wohnen & Co enteignen, rekapituliert das Entstehen des neuen „Mietenpolitischen Dossiers“, das Forderungen und konkrete Lösungsvorschläge für die Bereiche Bodenpolitik, sozialer Wohnungsbau, Beteiligung an Sanierungsgebieten und vielem mehr enthält. Angesichts der begrenzten Zeit möchte sie die Forderungen unter drei großen Begriffen zusammenfassen: Bezahlbarkeit, Dekommodifizierung und Demokratisierung.

Bezahlbarkeit zu sichern sei nicht nur für die unteren Einkommensschichten notwendig, sondern auch für die mittleren. Im kommunalen Bestand solle es daher keine Mietsteigerungen geben. Notwendig seien eine erhöhte Quote für Sozialbindung und niedrige Quadratmeterpreise beim kommunalen Neubau. Bezahlbarkeit gelte es auch, auf dem privaten Mietmarkt zu gewährleisten, der in Berlin das größte Angebot hält. Dafür solle der Senat alle zur Verfügung stehenden Mittel wie Milieuschutz und Zweckentfremdungsverbot ausschöpfen und auf Bundesebene für einen Mietendeckel Druck machen, denn das Bundesverfassungsgericht habe nicht den Mietendeckel verneint, sondern die diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin. Bezahlbarkeit betreffe ebenso das Gewerbe, denn die Infrastruktur des Daseinsvorsorge werde immer weiter verdrängt, von der Kita bis zum Lebensmittelladen. Auch auf dem Gebiet der Gewerbevermietung seien Regelungen und staatliche Regulierungen notwendig. Weil profitorientierte Wohnungsunternehmen Wohnungen als Ware betrachten, seien sie keine potenziellen Partner in der Daseinsvorsorge. Es gelte daher, den öffentlichen Bestand durch Zukauf und Neubau zu vergrößern, das Vorkaufsrecht rechtssicher zu machen und auszuweiten sowie zu verhindern, dass LWU Eigentumswohnungen bauen. Weil all diese Maßnahmen langwierig und kostenaufwendig seien, ist aus ihrer Sicht die Vergesellschaftung von Wohnraum essenziell. Teil der gemeinwirtschaftlichen Wohnraumbewirtschaftung seien auch Genossenschaften und ähnliche Konstruktionen, etwa das Mietshäuser Syndikat. Sie sollten stärker in die Pflicht genommen, aber auch stärker gefördert werden. Boden dürfe nicht als Ware gehandelt, sondern müsse rekommunalisiert werden und in demokratisch verwaltete Bodenfonds übergehen.

Demokratisierung beinhalte die Mitbestimmung der Mieter:innen, die etwa in den LWU verstärkt werden sollte. Nicht zuletzt sollten die Entscheidungen, die von Mieter:innen getroffen wurden, auch umgesetzt werden. Der neue Koalitionsvertrag zeige jedoch keinen Respekt vor Bewegungen und den demokratischen Entscheiden der Berliner:innen. Das lasse sich am angekündigten Rahmengesetz für den Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen erkennen, das die Umsetzung über Jahre verzögern werde, an der Freigabe des Tempelhofer Feldes zur Bebauung und der Kaltstellung der Wohnraumversorgung Berlin AöR, die nun bei Mieterstreitigkeiten schlichten soll, anstatt die LWU zu kontrollieren.

Sie möchte hier neben der sozialen die ökologische Krise der Wohnraumversorgung hervorheben, denn der Gebäudesektor ist neben dem Verkehr für die meisten Emissionen verantwortlich. Hinzu komme die sehr ungleiche Verteilung von Flächen. All dies tauche im Koalitionsvertrag nicht auf und sei offenbar nicht als Problem erkannt worden. Statt dessen sei ein Schneller-bauen-Gesetz angekündigt, das Bürgerbeteiligungen, Umwelt- und Denkmalschutz sowie den politischen Einfluss der Bezirke aushebeln werde. Das sei alles nicht sinnvoll, statt auf die Regulierung des Bestandes werde auf Neubau gesetzt. Dieser Rückschritt sei erschütternd. Zu erwarten gewesen wäre, dass das Mantra „Bauen, bauen, bauen“ endlich beendet werde, weil es keine Lösung der Wohnungsfrage biete und auch den ökologischen Herausforderungen nichts entgegenzusetzen habe. Insbesondere die gerechte Verteilung von Wohnraum sei auch hinsichtlich des Ressourcenproblems maßgeblich, wer mehr Wohnraum habe, heize beispielsweise mehr.

Sie wünscht sich Antworten auf die Fragen: Wie wollen Sie Abriss von Wohnraum verhindern? Wie wollen Sie eine gerechtere Verteilung von Wohnraum erreichen?

Der zweite Komplex umfasse die energetische Modernisierung. Problematisch sei hier auch, dass die Ärmsten die höchsten Heizkosten hätten, weil sie in den Häusern lebten, die am schlechtesten isoliert seien. Aktuell führe aber die energetische Modernisierung wegen ihrer Umlagefähigkeit noch zu extrem steigenden Mieten. Deshalb seien viele Mieter:innen gegen eine energetische Modernisierung und sei auch nachvollziehbar. Es werde von EU-Seite einen ordnungsrechtlichen Zwang zur energetischen Modernisierung geben, was aus ökologischer Sicht begrüßenswert sei, aber wegen der Umlage massive Folgeprobleme aufwerfen werde. Aus ihrer Sicht müsse die Modernisierungsumlage abgeschafft werden, das könne natürlich das Land Berlin nicht beschließen, sondern sei eine Entscheidung auf Bundesebene.

Sie möchte die Fragen erörtern: Wie soll der öffentliche Wohnungsbestand schnell energetisch modernisiert werden, ohne die Mieter:innen zu belasten? Wie sollen die Mieter:innen vor Verdrängung geschützt werden, wenn die Pflicht zur energetischen Modernisierung kommt?

Ein weiteres Thema, das die Koalition beschäftigen werde – zumindest sei das zu hoffen –, sei die Sozialbindung, die derzeit massenhaft auslaufe. Bis 2032 werden rund 34.000 Wohnungen rausfallen, davon 21.000 Wohnung im Privatbesitz. Hinzu kämen noch 18.000 Wohnungen, die im Rahmen der sozialen Stadterneuerung in den 1990er-Jahren gefördert wurden, vor allem im Osten der Stadt. Bei den Letzteren fielen nun die Kappung der Modernisierungsumlagen weg und der Schutz vor Eigenbedarfskündigungen.

Ihre Fragen an die Koalition: Was sind Ihre Pläne, um die Zehntausende von Mieter:innen vor Verdrängung durch Mietsteigerungen und Eigenbedarfskündigungen in diesen Beständen zu schützen? Wie hoch sollen die Quoten von belegungsgebundenen Wohnungen im kommunalen Neubau sein und bei Wiedervermietung? Planen Sie diese abzusenken?

Das letzte Thema hänge damit zusammen: Es wurden in den letzten Jahren Massen von Teilungserklärungen stattgegeben und Eigentumswohnungen verkauft. Was soll nach dem Auslaufen des Mieterschutzes nach zehn oder zwölf Jahren, also jetzt, geschehen? Mittlerweile gelte zwar ein Bundesgesetz des Umwandlungsverbots, das laut Koalitionsvertrag auch verlängert werden soll, was die Initiativen begrüßen, gleichwohl bestehe die Frage, wie jetzt der Wegfall kompensiert werden soll. Es sei mit einer Welle der Verdrängung zu rechnen.

Elisabeth Voß, die ebenfalls am „Mietenpolitischen Dossier“ mitgearbeitet hat, schließt gleich an das Thema der Verdrängung und die Obdachlosigkeit an. Es gebe über 50.000 wohnungslose Menschen in Berlin, überwiegend Migrant:innen, darunter sehr viele Frauen und immer mehr Familien mit Kindern. Die meisten Wohnungslosen lebten in unwürdigen Unterkünften ohne Privatsphäre oder Flüchtlingsheimen, es gebe zudem eine unbekannte Quote von verdeckter Wohnungslosigkeit: Menschen, die bei wechselnden Freund:innen unterkämen, Frauen, die mangels Wohnung in Gewaltbeziehungen verharrten, und junge Erwachsene, die bei ihren Eltern wohnen blieben. Zudem lebten mehrere Tausend Wohnungslose auf der Straße. Auf dem Markt lasse sich das Problem nicht lösen: Es gebe nicht genug Wohnungen und verschiedene Formen der Diskriminierung spielten auch eine Rolle.

Ihre Fragen an die Politik lauten: Wie wollen Sie das Problem der Obdachlosigkeit lösen? Haben Sie Konzepte, um Diskriminierungen am Wohnungsmarkt entgegenzutreten bzw. diesbezügliche Anweisungen an LWU oder entsprechende Förderbedingungen? Wie werden Sie die Betroffenen einbeziehen? Diese wissen selbst am besten, was sie brauchen, werden aber meistens nicht gefragt.

Es entstehe bald erhebliche neue Obdachlosigkeit, durch Eigenbedarfskündigungen und den Wegfall der Sozialbindung bei vielen Wohnungen. Wo bleiben die Leute, die ihre Wohnung räumen müssen? Ein krasser Faktor seien die Zwangsräumungen, die nach wie vor täglich in Berlin stattfänden. Leider auch täglich in den Häusern von landeseigenen Unternehmen. Da gebe es eine dringende Forderung, etwas dagegen zu tun. Seit zehn, zwölf Jahren gebe es in Berlin das Phänomen der Camps im öffentlichen Raum. Sie seien der Versuch von Obdachlosen, sich einen annähernd sicheren Raum zu schaffen. Das Bezirksamt Neukölln tue sich gerade damit hervor, diese zu räumen, indem es sie erst mal als Gefahr bezeichne, was eine völlige Verkehrung der Verhältnisse sei: Nicht die Camps seien die Gefahr, sondern die Menschen, die dort lebten, seien gefährdet und brauchten Schutz. Stattdessen werde der Umstand als ordnungsrechtliches Problem abgehandelt. Nicht anders in Treptow-Köpenick, obwohl der Eigentümer dem Land Berlin angeboten habe, die Grundstücke für mehrere Jahre kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das Angebot werde aber nicht angenommen, sondern es drohe die Räumung. Es bestehe die Gefahr, dass das wieder so geschehe wie in der Rummelsburger Bucht, als bei Nacht und Nebel 100 Menschen geräumt wurden.

Was gedenkt der Senat zu tun, um Obdachlosigkeit zu vermeiden?, möchte sie wissen.

Genossenschaften seien wichtig am Wohnungsmarkt, als dritte Säule der Wohnungswirtschaft. In Berlin bieten sie 11,4 % des Wohnraums an. Sie versorgen ihre Mitglieder, anstatt Profite zu machen, dementsprechend seien Angebots- und Bestandsmieten unterdurchschnittlich. Allerdings gebe es viel zu wenig Wohnungen und lange Wartelisten. Eine Genossenschaftsförderung gebe es schon seit einigen Jahren, was auch erfreulich sei. Doch möchte sie die Förderkriterien unter dem Aspekt betrachten, ob die Rechtsform oder ob Unternehmen gefördert werden sollen, die den Genossenschaftsgedanken im Sinne der wirtschaftlichen Selbsthilfe, der nachhaltigen Versorgung ihrer Mitglieder und der Demokratie auch tatsächlich propagieren? 2001, im Jahr der Genossenschaften, sei ein Wohnungsbaugenossenschaftsprogramm aufgelegt und nach einem Jahr wieder eingestampft worden. Investoren und Bausparkassen hatten Pseudogenossenschaften gegründet, um die Förderung abzugreifen. Elisabeth Voß empfiehlt, sich diese Vorgänge anzusehen, denn man könne aus Fehlern der Vergangenheit lernen.

Gleichwohl hätten gerade alte Genossenschaften oft ein erhebliches Demokratiedefizit, denn keineswegs bekämen die Genoss:innen in jeder Genossenschaft die Möglichkeit, in grundlegenden Fragen mitzubestimmen. In manchen Genossenschaften könne nur der Aufsichtrat gewählt werden, der dann den Vorstand bestelle. Auch diffuse Merkmale wie die Förderung des Gemeinwohls reichten nicht aus, um feststellen zu können, ob eine Genossenschaft dem Genossenschaftsgedanken verpflichtet ist. Sie nennt vier Kriterien, die für eine Förderungsbewilligung erfüllt werden müssten, statt nur nach der Rechtsform der eG zu entscheiden: das genossenschaftliche Identitätsprinzip – die Genoss:innen sind zugleich gemeinschaftliche Eigentümer:innen; Demokratie – die  Mitglieder haben das Recht, über wesentliche Geschäftsvorgänge wie Neubau, große Sanierungen, Zukauf, Verkauf und Abriss mitzubestimmen; Sozialbindung und Bewirtschaftung nach dem Kostendeckungsprinzip; private Gewinnaneignung ist ausgeschlossen, was auch für Unternehmen gelte, die keine Genossenschaften sind; Eigentumsbindung – die Umwandlung in Privateigentum muss ausgeschlossen sein. Zu Zeiten der Wohneigentumsförderung sei kurzfristig mal der Fehler gemacht worden, den Genoss:innen den Erwerb ihrer Wohnungen zu ermöglichen.

Wenn nicht die Rechtsform, sondern diese Kriterien ausschlaggebend wären, könnten auch Akteure wie das Mietshäuser Syndikat gefördert werden. Das habe sogar 2012 einen Preis für sein beispielhaftes genossenschaftliches Wirtschaften erhalten.

Sie möchte daher wissen: Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Genossenschaftsförderung ausschließlich von echten genossenschaftlichen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann? Können Sie sich vorstellen, die Förderung nicht formal auf die Rechtsform, sondern stattdessen auf inhaltliche Kriterien auszurichten?

Sie informiert kurz über die verschiedenen derzeit existierenden Förderungen dar, die nicht nur Genossenschaften selbst beantragen können, sondern auch ihre künftigen Mitglieder, um Anteile erwerben zu können. Insbesondere für jüngere Genossenschaften, die nicht querfinanzieren können wie alte, sei günstiger Neubau unter den gegenwärtigen Marktbedingungen kaum zu schaffen, deshalb müssten sie hohe Einlagen ihrer Mitglieder verlangen. Ein Problem sei der hohe und extrem langwierige bürokratische Aufwand bei der Beantragung dieser Förderung. Einkommensschwachen Menschen Kredite anzubieten findet sie problematisch, daher gehe eine solche Förderung an der Zielgruppe – Haushalten mit geringem Einkommen – vorbei. Eine Nachfrage von Katrin Schmidberger habe ergeben, dass seit 2019 von den 36 gestellten Anträgen nur 12 bewilligt wurden. Das Ganze sei gut gemeint, aber reiche nicht, denn die Zielgruppe seien hauptsächlich Menschen, die keine Bonität nachweisen könnten. Aus den Genossenschaften heraus gebe es schon länger den Vorschlag eines Solidarfonds, in den die 25 %, die als Tilgungsverzicht angeboten worden seien, einfließen könnten und der auch noch aus anderen Mitteln aufgestockt werden könnte. Damit könnten etwa Anteile finanziert werden.

Sie möchte wissen: Werden Sie die Genossenschaftsförderung an den Bedarf anpassen?

Werden Sie sich auf Bundesebene für ein rechtssicheres Vorkaufsrecht durch die öffentliche Hand – auch zugunsten Dritter – einsetzen?

Fabian Steinecke erklärt, dass die CDU natürlich eingeladen worden sei, aber wegen der aktuellen personellen Veränderungen niemand habe kommen können. Schön, dass außer Frau Radziwill nun auch Mathias Schulz von der SPD anwesend sei.

Ülker Radziwill freut sich, dass das Initiativenforum fortbesteht, dafür habe sie sich auch eingesetzt, denn es sei ein interessantes Dialogformat. Vielleicht könne man dies weiterentwickeln und noch andere Zielgruppen hereinholen. Sie sei wieder Abgeordnete, habe aber derzeit noch keinen Sprecherinnenbereich und wisse auch nicht, in welche Ausschüsse sie komme. Sie vertrete die Kollegin Sevim Aydin, die erkrankt sei. Sie kenne und schätze das „Mietenpolitische Dossier“. Aufgrund der gerade erst aufgestellten Koalition und der am selben Tag benannten Staatssekretäre könnten sie leider auf die vielen Fragen nur wenige Antworten geben, obwohl sie die Debatten gern führen würde. Die Punkte, die Bundesrecht seien, habe sie in den verschiedensten Koalitionen, auch in der rot-schwarzen Konstellation, immer wieder angestoßen. Vonseiten der SPD seien immer wieder Forderungen formuliert und auch auf Bundesebene geschickt worden. In dem Zusammenhang möchte sie auch auf die Mietpreisbremse 2010 hinweisen. Auf die Umsetzung der rot-grünen Forderungen auf Bundesebene warteten sie schon länger und das bedauere sie außerordentlich. Unter anderem seien Veränderungsvorschläge hinsichtlich der Modernisierungsumlage formuliert worden. Zur Sozialbindung gebe es noch aus der letzten Legislaturperiode einen Vorschlag aus der Verwaltung, zu dem Herr Dr. Lang noch was sagen könne. Die Mieter:innenmitbestimmung sei stets auch ihr Wunsch gewesen, diese hätten sie in der rot-grün-roten Koalition auch hinbekommen, dahinter hätten sie eigentlich schon „ein Häkchen gesetzt“. Die Obdachlosigkeit sei ein ganz wichtiges Thema und eine gemeinsame Aufgabe, an der das Land Berlin auf allen Ebenen arbeiten müsse. Sie sei zwanzig Jahre lang die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion gewesen und könne nur sagen, dass das ein „Bohren dicker Bretter“ sei. Sie halte am Ziel der EU fest, bis 2030 die Obdachlosigkeit zu überwinden. Es gehe aber nicht nur darum, die Menschen unterzubringen, sondern viele der Obdachlosen hätten eine Fluchtbiografie oder seien gestrandet, nachdem sie mit Arbeitsverhältnissen hergelockt und dann nicht bezahlt worden seien. Auch auf dieser Ebene gebe es dringenden Handlungsbedarf. Sie habe sich dafür eingesetzt, dass die Kältehilfe einen Monat früher beginnt und einen Monat später endet, das sei auch umgesetzt worden. Die Forderung, ein festes Kontingent an Wohnungen in den LWU bereitzuhalten, sei schwer umzusetzen. Die landeseigenen Unternehmen würden schon fast 50 % des geschützten Marktsegments anbieten, das derzeit mit 2500 Wohnungen beziffert werde, während es bei den privaten nur etwa 200 Wohnungen wären. Diese seien daher viel stärker in die Pflicht zu nehmen, denn: „Eigentum verpflichtet.“ Im Koalitionsvertrag hätten sie noch viel mehr Punkte aufgeführt.

Das Thema Zwangsräumungen hält sie für sehr schwierig. Aus der Verwaltung habe sie von sehr wenigen, aber sehr hartnäckigen Fällen erfahren. Die Zwangsräumung ganz abzuschaffen hielten einige für den falschen Weg, weil damit „Tür und Tor“ geöffnet würden. Das sehe sie zwar nicht so, aber man müsse gemeinsam eine andere Lösung finden, damit die LWU bei den ganz harten Fällen Unterstützung fänden.

Die Moderatorin fragt nach ihrer Haltung zur Räumung von Obdachlosen-Camps. Ülker Radziwill findet diese sozialpolitisch sehr schwierig, denn das seien die Ärmsten der Armen, da müsse man Alternativen anbieten. Problematisch sei auch, dass ihr Eigentum einfach weggeworfen werde, dabei hätten auch sie Persönlichkeitsrechte. Das dürfe nicht geschehen, sondern ihre Würde müsse gewahrt werden. Sie wünscht sich einen anderen Umgang damit. Dass überall in der Stadt Camps entstehen, würde aber wohl auch niemand in dieser Runde wollen.

Die Idee der Genossenschaften findet sie ganz hervorragend, sie sei auch mit der Sozialdemokratie verbunden. Sie wundert sich, warum nicht schon früher Genossenschaften gestärkt wurden. Als Michael Müller noch Stadtentwicklungssenator war und der Wohnungsmarkt schon problematisch wurde, gab es schon erste Förderungen für Genossenschaften, da habe man sie aber noch gewissermaßen „zum Jagen tragen müssen“, doch habe es eine Entwicklung gegeben. Sie hätten sich bemüht, dass auch junge Genossenschaften Förderungen bekommen. Was die Förderung des Genossenschaftsgedankens statt der Rechtsform betreffe, klinge das erst mal toll. Sie sei allerdings keine Juristin, und man müsse zunächst wohl definieren, welche andere Rechtsformen damit gemeint sein und welche Sicherheiten sie bieten könnten. Nachteilig könnten sich auf dieser Grundlage eine Bodenprivatisierung und Mitnahmeeffekte auswirken. Ansonsten freue sie sich, auch die nächsten dreieinhalb Jahre gemeinsam für eine für alle bezahlbare Stadt zu arbeiten.

Lisa Vollmer möchte wissen, ob es mit der SPD eine Absenkung der Quoten für Wohnungen mit Sozialbindung geben werde.

Ülker Radziwill möchte diese Frage an ihren Kollegen weitergeben, weil sie in der sozialpolitischen Arbeitsgruppe dieses Thema nicht behandelt hätten. Den genauen Wortlaut des Koalitionsvertrags dazu kenne sich nicht, aber hält das für eine schwierige Frage. In den letzten Jahren seien die Quoten zunächst von 55 % auf 60 % für Menschen mit WBS erhöht worden, dann auf 63 %, davon seien 25 % besonderen Zielgruppen vorbehalten. Es sei darüber diskutiert worden, ob die Erhöhung in bestimmten Stadtvierteln für eine Stigmatisierung sorge. Im Koalitionsvertrag sei wohl vereinbart, die Quote für jedes Quartier separat zu entscheiden. An den Abgeordneten sei es dann, die Kriterien zu benennen, nach denen entschieden werden sollte. Diese Frage sei zu komplex, als sie nur mit Ja oder Nein zu beantworten.

Die Moderatorin fragt nach ihren Positionen zum Vorkaufsrecht auf Bundesebene, der Abschaffung der Modernisierungsumlage und dem Schutz vor Eigenbedarfskündigung.

Ülker Radziwill erklärt, dass sie selbst sich sehr dafür eingesetzt habe, die Modernisierungsumlage von 11 % auf 9 % zu senken, auf Bundesebene hätten sie nun gefordert, sie auf 6 % zu senken. Das müsse aber noch vollzogen werden. Lisa Vollmer wolle sie nun komplett streichen. Sie selbst halte die nach Abzahlung der Modernisierung weiterhin erhöhte Miete auch für ungerecht. Bislang habe sie allerdings noch keinen praktikablen Vorschlag gesehen, wie die Abschaffung umgesetzt werden könnte, obwohl auch schon wissenschaftlich daran gearbeitet werde. Die Frage nach dem Vorkaufsrecht sei sehr unglücklich in die Verhandlungen der Ampel gefallen und seine Umsetzung leider nicht konkret formuliert worden. Es gebe Aussagen, die im Raum stünden, aber die FDP blockiere. Das findet sie sehr bedenklich, denn die Ausübung des Vorkaufsrechts sei wichtig und richtig und sie forderten das. Berlin habe davon profiiert.

Mathias Schulz (SPD), Sprecher für Stadtentwicklung sowie für Bundesangelegenheiten und Brandenburg, sieht die Sozialbindung im Koalitionsvertrag klar adressiert. Er bestätigt, dass die Sozialbindung für die einzelnen Quartiere jeweils geprüft werden soll, um sie gegebenenfalls nach unten oder nach oben zu korrigieren. Doch es sei klar, dass insgesamt eher mehr als weniger Sozialbindung notwendig sei, gerade in den Innenstadtlagen, in denen die Sozialquote gering sei. Die Verbindung von Sozialwohnung und Status, die diskutiert worden sei, findet er auch schwierig, denn bei der Menge von WBS-Berechtigten könne man nicht von einer homogenen Gruppe sprechen, wie es von der konservativen Seite gern getan werde. Dem aktuellen Koalitionspartner schwebe wohl vor, die Quote in den Stadtrandlagen zu senken, aber das gehe natürlich nicht ohne Kompensation. Was das Vorkaufsrecht betreffe, sei das Commitment sehr groß, dass dieses bald wieder kommen soll. Die Koalition unterstütze das; es soll wieder angewendet werden, sobald es in Kraft gesetzt ist. Die wohl allen bekannte Formulierung im Koalitionsvertrag, dass es unter Wahrung der Haushaltsführung angewandt werden soll, sei eine Nullaussage, weil die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gegen das Haushaltsrecht verstoße. Weil es dringend gebraucht werde, um jenseits von Neubau die landeseigenen Bestände auch auf diesem Weg zu erhöhen und um die Wohnungen nicht privaten Investoren zu überlassen, sieht er da von SPD-Seite kein Bedürfnis nach Veränderung. Auf Bundesebene werde es von der FDP blockiert, die ihre Zustimmung von der Erfüllung ihrer Forderungen abhängig mache.

Katrin Schmidberger (Grüne), Sprecherin für Wohnen, Mieten und Haushaltspolitik und nun in der Opposition, sieht da einen riesigen Strauß. Sie sieht im schwarz-roten Koalitionsvertrag gewaltige Unterschiede zum rot-grün-roten, entscheidend seien aber auch die Haushaltsberatungen, die nach der Sommerpause beginnen sollen. Diese seien am Ende der Lackmustest, wie ernst es der neuen Koalition mit bestimmten Themen ist. Sie würden sich gern positiv überraschen lassen, ansonsten mit der Zivilgesellschaft Druck machen.

Die LWU seien, wie alle wüssten, insgesamt wirtschaftlich gut aufgestellt, auch wenn manche etwas weniger gut dastünden als andere, nicht zuletzt wegen des Vonovia-Deals, der doch etwas teurer gewesen sei als gedacht und wahrscheinlich auch etwas schlechter. Die Grundsatzdebatte, ob die LWU durch eine Erhöhung des Eigenkapitals gestärkt werden sollten, habe in ihrer Koalition leider nicht mehr stattgefunden. Die Quoten könnten allerdings auch jetzt schon seitens der LWU auf Antrag geändert werden. Im Märkischen Viertel sei man von den 63 % schon abgewichen, daher versteht sie nicht, warum das noch mal so explizit in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben wurde.

Sehr problematisch findet sie die Beschneidung der Kompetenzen der Wohnraumversorgung Berlin, die nun weder Steuerung noch Kontrolle ausüben soll. Diese AöR sei anders gemeint gewesen und dafür wollten sie auch kämpfen. Es stelle sich auch die Frage, wie bereit die Politik sei, die kommunale Wohnraumversorgung zu steuern und zu kontrollieren. Sie hofft, dass dies im Unterausschuss Bauen, wo sie alle erforderlichen Unterlagen erhalten, weiterhin gelingt. Diesen Unterausschuss gebe es erst seit dieser Legislaturperiode.

Was die Sozialstruktur in den LWU-Beständen bestreffe: Diese sei nicht bekannt. Es werde zwar immer ein Bericht veröffentlicht, aber der gehe nicht so tief. Vielleicht stecke auch politisches Kalkül dahinter und man wolle es gar nicht wissen.

Dass auch die neue Koalition den Bestand der LWU erhöhen möchte, findet sie erfreulich, aber auch da sieht sie Probleme: Vonovia und Adler stünden beispielsweise durch die höheren Zinsen aktuell unter Druck, und sie hat Sorge, dass nicht dort der Bestand erhöht werde, wo die Mieter:innen von Verdrängung bedroht sind, sondern dass damit noch mal Immobilienkonzerne subventioniert werden. Es gebe gerade genug Hausgemeinschaften, die gekauft werden wollen, auch ohne Vorkaufsrecht – sie hoffe darauf, dass die Sozialdemokrat:innen für die Unterstützung dieser Hausgemeinschaften sorgen. 

Auch die Wohnraumförderung bereite ihr Sorgen. Bodenpreise und Baukosten sind weiterhin hoch. Sie fragt sich, wie der Neubau finanziert werden soll und was es mit dem dritten Fördermodell für mittlere Einkommen auf sich hat. Und was habe es mit den 5000 Sozialwohnungen und den drei Fördermodellen auf sich? Heißt das, es soll nun ein Mittelstandsfördermodell geben auf Kosten der ganz Armen?

Um eine bessere Verteilung von Wohnraum zu erreichen, müsse das Thema Wohnungstausch in den Fokus genommen werden. Es gebe das sogenannte Wohnungsbündnis, das auf Freiwilligkeit basiert, über dessen Wirksamkeit es allerdings keine Informationen gibt.

Was die Vergesellschaftung betreffe, soll nun ein Rahmengesetz kommen. Das hatten sie zwar auch im Koalitionsvertrag, allerdings auch ein Gesetz zum Wohnen, das parallel erarbeitet werden sollte. Sie hätten das Thema nicht beerdigt, sondern ernsthaft versucht die Vergesellschaftung umzusetzen. Ob es nun mit diesem alleinigen Rahmengesetz in den nächsten drei Jahren eine Vergesellschaftung geben werde, sei dahingestellt.

Hinsichtlich der Eigenbedarfskündigungen warteten sie nun schon viel zu lange auf den Bund. Wichtig sei aber auch, eine verbesserte Datenlage zu bekommen, um zu wissen, wie viele Eigenbedarfskündigungen es überhaupt gebe. Alle hätten das Gefühl, es gebe immer mehr Betroffene. Es gebe auch sehr viel Missbrauch, da müsse seitens des Landes viel mehr kontrolliert werden, ob überhaupt ein Eigenbedarf vorliege. Es gebe auch immer häufiger Häuser, die als Ganzes auf den Markt kommen, und nicht nur die einzelnen Wohnungen. Da wünsche sie sich, dass das Land Angebote mache. Älteren Menschen und Armen müsse dringend Ersatzwohnraum bei den LWU geschaffen werden. Unabhängig von der großen Lösung im Bund müsse das Land Berlin kreativer sein.

Für dieses extrem komplexe Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit habe auch ihre Koalition keine ausreichenden Lösungsvorschläge vorgelegt. Sie hätten zu viel über Masterpläne diskutiert und die Bezirke im Stich gelassen, wenn es darum ging, die Leute unterzubringen. Auch das geschützte Marktsegment sei ein altes Thema. Sie freue sich, dass die Koalition ein Wohnraumsicherungsgesetz auf den Weg bringen wolle, so verstehe sie es jedenfalls, dass private Vermieter auch verpflichtet werden sollen. Was das Containerdorf in Treptow-Köpenick betreffe, sei die grüne Bezirksstadträtin Claudia Leistner gerade dabei, mit dem Bezirksbürgermeister für die Betroffenen echten Wohnraum, keine ASOG-Unterbringung, zu beschaffen. Bevor nicht alle versorgt sind, soll das Containerdorf nicht geräumt werden. Gleichwohl gebe es fiese, nicht akzeptable Strukturen, wie sich bei manchen Eigentümern zeige. In Kreuzberg gehörten campierende Obdachlose inzwischen zum Straßenbild, das werde auch toleriert, aber es sei natürlich ein Armutszeugnis, dass es toleriert werden müsse, weil es keine andere Möglichkeit gebe.

Hinsichtlich der Genossenschaften sei sie froh, dass die GIMA, die Genossenschaftliche Ankaufsagentur, mit ihrer Hilfe eine Anschubfinanzierung bekommen habe und sich bemühe, Wohnraum zu erwerben. Es gebe nicht die eine Art Genossenschaft, sondern viele verschiedene, auch alte, reiche und konservative. Auch beim Thema Genossenschaftsförderung wären sie auf einem guten Weg gewesen, wenn sie gewollt hätten. Eines ihrer letzten Gespräche über eine Verbesserung habe mit Christian Gaebler stattgefunden. Das sei sehr konstruktiv gewesen, schade, dass noch keine Ergebnisse vorlägen. Problematisch sei die Begrenzung der Förderung bei einem Ankaufspreis von 3500 €/qm. Das Thema Mietshäuser Syndikat sei auch zur Sprache gekommen, das habe der Senator wohlwollend prüfen wollen. Es müsse aus Erfahrungen aber auch gelernt werden, etwa dass die IBB von einer Genossenschaft weitere Sicherungen verlangt habe, sodass sie beinahe in den Bankrott getrieben worden sei. Sie lasse sich gern überraschen, was der neue Senat hinbekomme, denn viele Lösungen lägen schließlich auf der Hand.

Mathias Schulz, Sprecher für Stadtentwicklung, sowie Brandenburg und Bundesangelegenheiten, möchte zu der Passage im Koalitionsvertrag über die Änderung der Quoten anmerken, dass der Vorschlag nicht aus der Fach-, sondern aus der Dachgruppe gekommen sei. Von den Fachpolitiker:innen sei das nicht so gewollt gewesen. Die CDU habe aber großen Wert auf die Diskussion gelegt. Zum dritten Förderweg erklärt er, dass knapp über 60 % der Bevölkerung WBS-berechtigt wären, wenn die Grenze angehoben würde. Die Debatte sei schon so gewesen. Es sollten auch Menschen mit mittleren Einkommen gegebenenfalls unterstützt werden, aber die 30 % des ersten Förderwegs seien fest. Auf keinen Fall solle denen, die sie am dringendsten benötigten, die wenigen Wohnungen, die es gebe, streitig gemacht werden.

Zur Wohnraumversorgung habe es eine längere Debatte gegeben: Weil sie nicht ganz zu 100 % auf der Deckungslinie zu ihrem Auftrag sei, gebe es die Wahl, den Auftrag richtig auszuführen oder diesen neu auszugestalten. Vor dieser Debatte stünden sie gerade. Aus seiner Sicht sei klar, dass die Wohnraumversorgung eine wichtige Rolle und Aufgabe hat.  Was die 5000 Wohnungen betreffe, wüssten alle, wie schwer das ist, aber sie seien trotzdem notwendig, denn schon jetzt gebe es nicht genug Wohnungen für alle Menschen mit WBS. Von den Zielzahlen beim sozialen Wohnungsbau abzurücken hält er für die schlechteste Idee, die müssten mit allen Mittel erreicht werden.

Niklas Schenker entschuldigt Katalin Gennburg, die er vertrete. Er blickt ein wenig wehmütig zurück, denn obwohl Rot-Grün-Rot große Schnittmengen hatte, sei es nur bei Wenigem gelungen, es auf die Spur zu schicken. Dass nun eine Koalition mit der CDU angestrebt wurde, ist aus seiner Sicht verheerend. Die CDU stelle nicht nur den Bürgermeister, sondern auch Finanz- und Justizsenator. Wie auf Bundesebene die FDP blockiere, könne sich Berlin darauf einrichten, dass es am Ende nur zu ein paar kleinen Reförmchen kommen werde. Mit der Fokusverschiebung auf Bauen „bis es quietscht“, ohne zu wissen, wie das in der derzeitigen Situation gehen soll, würden einfach nur Zielzahlen in die Welt geblasen, statt sich dem eigentlichen Problem zu widmen: wie bezahlbarer Wohnraum gebaut werden kann,  denn bezahlbarer Wohnraum sei das Einzige, was gebraucht werde. Beim Schneller-bauen-Gesetz gehe es nur darum, Beteiligung, Umweltschutz und Städtebau zu schleifen, wie es schon die FDP es in der letzten Wahlperiode ins Abgeordnetenhaus eingebracht habe. Mieter- und Wohnraumschutz seien extrem zögerlich und wenig ambitioniert. Stadtpolitische Bewegungen könnten nicht mehr auf Mitbestimmung und Zusammenarbeit hoffen, sondern könnten sich darauf einstellen, wieder auf Protest zurückgreifen müssen. 

Auf einige Aspekte möchte er eingehen: Berlin brauche ein Abrissverbot, nicht nur aus sozialpolitischen, auch aus ökologischen Gründen. Es könne gleich morgen ein Moratorium bei den landeseigenen Betrieben durchgeführt werden. Jedes einzelne Abrissvorhaben müsse genau geprüft werden. Auch das Zweckentfremdungsverbot und die Bauordnung müssten noch mal angefasst werden. Das Zweckentfremdungsverbot müsse hinsichtlich des Negativzeugnisses noch mal geprüft werden. Es werde ausgestellt, wenn die Instandhaltungsaufwendungen in der Zukunft höher würden, als durch die Mieteinnahmen innerhalb von zehn Jahren refinanzierbar wäre. Diese Regelung stamme aus den 1980er-Jahren und sei der heutigen Situation auf dem Immobilienmarkt nicht angemessen. Wenn die Frist für die Refinanzierbarkeit von zehn auf zwanzig Jahre erhöht werde, hätte jeder Abriss in seinem Wahlkreis, wo die Abrissquote sehr hoch sei, verhindert werden können. An sich sei das Zweckentfremdungsverbotsgesetz wegen der Mietpreisobergrenze von 9,17 € für den zu schaffenden Ersatzwohnraum ein scharfes Schwert. In einer überarbeiteten Bauordnung könnten die ökologischen Aspekte berücksichtigt werden, etwa mit der Lebenszyklusanalyse; auch Besetzungen zu entkriminalisieren wäre ein gutes Mittel, um den ein oder anderen Eigentümer unter Druck zu setzen.

Um eine bessere Wohnraumverteilung zu erzielen, gebe eine Wohnungstauschbörse bei den LWU. In den vier Jahren ihres Bestehens habe es etwa 500 Tauschfälle gegeben, was ihn angesichts von jährlich etwa 10.000 Wiedervermietungen nicht wirklich in Euphorie versetze. Aber selbst mit diesem Ergebnis sei sie die erfolgreichste Tauschbörse kommunaler Unternehmen in Deutschland. Als Vorbild könne gleichwohl die Genossenschaft Bremer Höhe dienen, dort nähmen die Mieter:innen bei einem Wohnungstausch nämlich ihren individuellen Quadratmeterpreis mit. Bei einer Verkleinerung der Wohnfläche und einem alten Mietvertrag hätte als die tauschende Person auf jeden Fall gewonnen, anstatt zur gleichen Miete in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Zudem gäbe es in anderen Ländern beispielsweise Beratungsstellen, die intergenerationelle WGs vermitteln. Es gebe viele ältere Menschen, die in einer großen Wohnung lebten, aus der sie nicht ausziehen wollen, die aber gern jüngere Leute aufnehmen würden, die auch ein bisschen helfen könnten. Eine Förderung all dieser Modelle sei immer noch günstiger, als für 300.000 € eine neue Wohnung zu bauen. Das Thema Wohnraumverteilung müsse eine höhere Priorität bekommen. Bislang werde immer nur mal überlegt, zwei, drei Stellen zu schaffen, um den Wohnungstausch anzukurbeln, aber das müssten eher 20 oder 30 Stellen sein, denn jede Wohnung, die aus dieser stillen Reserve komme und eine Neubauwohnung ersetze, dankten das Klima und der Landeshaushalt.

Zum Neubau erklärt er, dass sie schon im Wahlkampf gesagt hätten, Berlin brauche ein kommunales Wohnungsbauprogramm. Bislang gebe es für sehr, sehr viel öffentliches Geld 30 Jahre lang eine Sozialbindung. Das sei kein gutes Geschäft. Aber auch bei den LWU wisse man nicht, was beim Auslaufen der Bindung mit den Wohnungen geschehe. Mit diesen Förderungen müsse daher Schluss sein und ein kommunales Wohnungsbauprogramm gestartet werden, bei dem das Land den kommunalen Unternehmen 50 % des Baupreises als Eigenkapital gebe. Das versetze die LWU in die Lage, jährlich 7500 Wohnungen bauen zu können, doppelt so viele wie derzeit, und das zur stabilen Miete von 7 €. Das sei das, was gerade gebraucht werde. So könnten in zehn Jahren 75.000 WBS-gebundene Wohnungen gebaut werden. Für die energetische Sanierung der Wohnungsbestände sei eine ähnliche Lösung gefragt, auch da reichten die Förderungen nicht aus, sondern die Unternehmen sollten mit Eigenkapital ausgestattet werden, das gehe auch an der Schuldenbremse vorbei. Eigene Baukapazitäten müssten aufgebaut werden, um in kurzer Zeit die Wohnungsbestände zu sanieren. Die WBS-Quoten müssten zwar unbedingt ausgebaut werden, aber er sei auch mit Mieter- und Mieterbeiräten im Gespräch, die in den Brennpunkten nicht für eine Ausweitung der Quoten sind. Diese Aussagen müsse man ernst nehmen, das setze Beteiligung voraus. Für manche, die ohnehin schon infrastrukturelle Defizite in ihrem Quartier feststellten, setze die Vorstellung, dass nun noch mehr sozial Schwache hinzuzögen, eine Situation der Überforderung in Gang. Wenn aber eine bessere Anbindung, eine bessere Infrastruktur, schönere Spielplätze – also kurz: schöner wohnen – den Zuzug von mehr WBS-Berechtigten begleiteten, könnten die Ängste vielleicht auch genommen werden.

Gebaut wird derzeit nur am Stadtrand, in den nächsten Jahren endeten aber viele Sozialbindungen in den Innenstadtbezirken. D. h. dort, wo die Mieten schon am höchsten sind, fallen auch diese Wohnungen weg. In den Bezirken könne aber auch nicht neu gebaut werden. Daher müsse es auch ein zielgerichtetes Ankaufprogramm geben.

Nach der Frage von Katrin Schmidberger, wer nun die neuen Staatssekretärinnen bei SenStadt seien, nimmt Niklas Schenker noch mal auf Deutsche Wohnen & Co enteignen und die Vergesellschaftung Bezug: Angesichts der Situation in Berlin und dass vom Bund zu all den mietrechtlichen Instrumenten, die ihnen sofort einfielen, um die Situation zu verbessern,  nichts komme, würden große Hoffnungen in die Vergesellschaftung gesetzt. Eine neue Studie von Andrej Holm und einem Matthias Bernt, die im Januar erschienen sei, habe noch mal alle positiven Auswirkungen der Vergesellschaftung zusammengefasst: Sie senke die Miete, helfe den Wohnungsuchenden bezahlbaren Wohnraum zu finden, wirke einer stadträumlichen Spaltung von Arm und Reich entgegen, weil viele der zu vergesellschaftenden Bestände in der Innenstadt liegen, wo nicht mehr gebaut werden kann. Die Koalition habe sich ein sogenanntes Vergesellschaftungsrahmengesetz vorgenommen, das völlig unnötig sei, denn der Rahmen sei schon das GG Art. 15. Das nun geplante Rahmengesetz verkompliziere das Vorhaben nur, weil verschiedene Aspekte in einem Rechtsrahmen zusammengefügt werden sollen. Die Vergesellschaftung von Naturschätzen, von Produktionsmitteln und von Grund und Boden sollen nun in einem Gesetz zusammengefasst werden. Das klinge so kompliziert, dass man eine Expertenkommission dafür einsetzen müsste, die sich erst mal anderthalb Jahre damit beschäftigt. Das will er natürlich nicht, aber warum die Vergesellschaftung so verkompliziert werden soll, obwohl darüber seit Jahren diskutiert werde, wisse er nicht. Dieses Rahmengesetz könnte auch unüberwindbare Hürden beinhalten. Rot-Grün-Rot habe sich nur aufgrund des Drängens einer Partei dazu entschlossen, ein Rahmengesetz zu schreiben, was seiner Meinung nach sehr schnell hätte gehen könnte, aber auch unnötig gewesen wäre. Vor allem hätten sie sich aber darauf verständigt, auch ein Gesetz zur Umsetzung zu verfassen, denn ein Rahmengesetz tauge dazu nicht. Es sei schon von einigen kommentiert worden, dass der Koalitionsvertrag gegen gleich vier Volksentscheide massiv vorgehe und den Wähler:innenwillen missachte: den Mobilitätsvolksentscheid, den sogenannten Religionsvolksentscheid, den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld und nun auch den Vergesellschaftungsvolksentscheid. Schwarz-Rot hätte es verdient, mit Gesetzesvolksentscheiden konfrontiert zu werden.

Mathias Schulz versteht die Kritik nicht, denn ein Rahmengesetz sei ja auch zwischen Rot-Grün-Rot vereinbart worden. Er findet den Weg sehr pragmatisch, Rechtssicherheit zu bekommen, bevor so ein Gesetz in Kraft tritt. Dass die Vergesellschaftung zulässig ist, sei ja nun geklärt, aber die Rahmenbedingungen seien noch nicht ausdiskutiert. Er findet es gut, dass man sich darüber erst mal Gedanken macht. Selbstverständlich brauche ein Rahmengesetz ein Umsetzungsgesetz, auch wenn das nicht im Koalitionsvertrag festgehalten sei. Die Umsetzung sei SPD-Beschluss. Er möchte der Aussage, dass es sich hier um einen Rückschritt handele, widersprechen.

Eine Teilnehmerin, die sich bei Deutsche Wohnen & Co enteignen engagiert hat, wüsste gern mehr über die Ankaufpläne, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind. Die letzten Wohnungen, die von Deutsche Wohnen gekauft worden, waren asbestverseucht. Und alle wussten, dass es keine guten Wohnungen waren. Sie möchte wissen, was jetzt geplant ist.  

Mathias Schulz antwortet, dass es eine strategische Ankaufpolitik geben soll, im Koalitionsvertrag seien 500.000 Wohnungen genannt, die aber natürlich nicht in den nächsten drei Jahren gekauft werden sollten, sondern diese Strategie solle über diese Legislaturperiode hinausreichen. Wie viele Wohnungen am Ende angekauft würden, hänge natürlich davon ab, wer bereit sei, Wohnungen zu verkaufen. Es könnten größere, aber auch kleinere Bestände sein. Es gebe auch eine ganze Reihe von Hausprojekten, die ihn persönlich anschrieben, ob ihr Haus erworben werden könne. Sie müssten dafür sorgen, möglichst nahe an die Zahl heranzukommen. Vereinbart seien jedenfalls ein Ankauf und die dafür erforderlichen Haushaltsmittel.

Die Teilnehmerin spricht noch mal die schlechte Bausubstanz der von Deutsche Wohnen erworbenen Wohnungen an und dass es sich dabei um ein schlechtes Geschäft gehandelt habe. Sie fragt, was der Senat bei weiteren Ankäufen besser machen wolle.

Mathias Schulz stimmt ihr zu, dass die Wohnungen im schlechten Zustand waren, aber es gehe ja auch um die Menschen, die dort wohnten und einen besseren Vermieter verdient hätten als Deutsche Wohnen. Er findet nicht, dass man bei solchen Entscheidungen nur nach der Qualität der Wohnungen gehen könne, sondern danach, welche Menschen darin wohnen und ob sie Unterstützung und dauerhaft günstigen Wohnraum brauchen.

Auch Katrin Schmidberger fragt sich, ob die Kaufsumme für die 50.000 Wohnungen angemessen war. Merkwürdig sei ihr auch der Zeitpunkt des Kaufs erschienen: als ein Volksentscheid lief, der genau diese Bestände vergesellschaften wollte. Und wie werde überhaupt entschieden, welche Bestände gekauft werden und welche nicht? Notwendig seien Kriterien auch hinsichtlich der inzwischen unter Druck geratenen Unternehmen wie Adler, Covivo etc., die ihre Wohnungen so teuer wie möglich verkaufen wollen. Man sollte seine Ankaufstrategie vielleicht nicht öffentlich beraten, aber das Kriterium Verdrängungsgefahr beispielsweise müsse eine Rolle spiele, Sie fragt sich auch, wie damals die Bestände begutachtet wurden und ob es nun einen Sanierungsfahrplan für diese gebe.

Eine Teilnehmerin hat mit Freude von den Ankaufplänen des Senats, unabhängig von der Vergesellschaftung, gehört und dass dafür Geld bereitstehe. Insbesondere dass Mieter:innen berücksichtigt würden, die einen besseren Vermieter verdienen hätten, als sie aktuell haben, freue sie sehr. Sie denke da gleich an die Habersaathstraße, wo fast 300 Menschen wohnen, die auf jeden Fall einen besseren Vermieter verdient haben. Gebe es denn schon Vorstellungen, was Einzelobjekte oder größere Bestände kosten dürfen? Oder werde einfach vom ersten Anbieter gekauft?

Ein Teilnehmer möchte wissen, was mit der Anwendung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten geplant ist, ob das weitergehen soll?

Eine Teilnehmerin nimmt auf die asbestverseuchten Bestände Bezug, die von Vonovia gekauft wurden. Sie kenne die ernsthaften Sorgen von Gewerbetreibenden in Kreuzberg, die nicht damit rechnen könnten, während er notwendigen Sanierung ihres Objekts einen Ersatzraum gestellt zu bekommen. Hat sich die Koalition schon um den Schutz von Gewerbe Gedanken gemacht?

Jochen Lang, Leiter der Abteilung Wohnungswesen, Stadterneuerung, Städtebauförderung, möchte auf Katrin Schmidberger eingehen und erklärt, wie ein Ankauf abläuft: Da kaufe nicht das Land Berlin direkt, sondern eine Wohnungsbaugesellschaft oder mehrere. Ein leistbarer Preis werde verhandelt, der Zustand der Wohnungen zuvor überprüft. Abstriche wie verbautes Asbest würden beim Kaufpreis berücksichtigt. Nur wenn der Kaufpreis und die zu erwartenden Investitionen wirtschaftlich darstellbar sind, werde gekauft. Ausnahmen habe es in der Vergangenheit eigentlich nur unter ganz besonderen Bedingungen gegeben oder wenn der Verkäufer nicht selbst an den Senat oder eine LWU herangetreten sei, etwa in Fällen, in denen das Vorkaufsrecht angewandt wurde. Dabei sei ein ganz anderes Tempo erforderlich. Der schlechte Zustand der Wohnungen bei dem angesprochenen Kauf sei bekannt gewesen.  Das Ziel eines solchen Kaufs sei auch die Verbesserung der Wohnbedingungen. Zudem werde die Sanierung nach und nach vorgenommen, bei einem Mieterwechsel etwa, niemand werde gezwungen, deshalb auszuziehen.

Mathias Schulz kann das nur bestätigen und die Ankaufstrategie knüpfe daran an. Er habe sich gerade erst ein Haus in der Rigaer angeschaut und da gebe es eine Menge weitere mögliche Objekte. Für die Gewerbetreibenden kann er ad hoc keine Lösung anbieten, nehme das aber gern mit. Das Thema Vorkaufsrecht sei vorhin schon behandelt worden: CDU und SPD wollten es wieder in Kraft setzen und auch sobald wie möglich anwenden, aber weil die Entscheidung auf Bundesebene getroffen werde, hätten sie keinen Einfluss darauf. Das Vorkaufsrecht sieht er als wichtigen Hebel, um Mieterschutz zu betreiben.

Lisa Vollmer erinnert daran, dass es als Möglichkeit für Mieter:innenschutz noch die  Vergesellschaftung gebe. Die Entschädigungssumme richte sich natürlich auch nach dem Zustand der Häuser. Für die großen Unternehmen sei es zudem gerade essenziell, Wohnungen zu verkaufen, nicht weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen oder der SPD eine Gefallen tun wollen, sondern um ihren Anlegern zu zeigen, dass ihre Bestände noch einen Wert haben. In Baden-Württemberg hätten sie gerade 10.000 Wohnungen um 5 % unter dem gesetzten Wert verkauft. Wer solle denn hier gerade gerettet werden? Sie hat wenig Verständnis dafür, dass er nun sagt, sie hätten in der Expert:innenkommission vielleicht ein Umsetzungsgesetz behandeln lassen sollen, denn es sei ja wohl seine Partei gewesen, die verhindert hat, dass die Möglichkeiten der Umsetzung diskutiert wurden. Stattdessen wurden Fragen erörtert wie „Geht das überhaupt?“ oder „Dürfen wir das?“. So seien schon anderthalb Jahre ins Land gegangen, und jetzt sollten noch mal zwei Jahre folgen, um das zu bearbeiten? So könne man sich aus der Affäre ziehen, wenn man weiß, dass man sowieso nur drei Jahre im Amt ist.

Sie möchte auch wissen, wie die konkreten Pläne der Koalition zum Thema Eigenbedarfskündigung aussehen. Soll da stärker geprüft werden, ob überhaupt Eigenbedarf vorliegt? Können Strafen eingeführt werden bei Vorspiegelung falscher Tatsachen? Das helfe dann zwar nicht mehr den gekündigten Mieter:innen, halte aber vielleicht den ein oder anderen ab, eine Eigenbedarfskündigung auszusprechen.

Ein Teilnehmer weist noch auf den Spezialfall der Eigenbedarfskündigung hin: die Fälle, in denen die Kündigungsfrist auf zehn Jahre erweitert wurde. Diese Vereinbarung laufe gerade aus, sei geplant, sie zu verlängern?

Eine Teilnehmerin möchte wissen, wie der Senat mit unklaren Eigentumsverhältnissen umgehen wolle: wenn nicht herauszubekommen sei, wer der Eigentümer einer Immobilie ist wie in der Oranienstraße 25. Diese Kenntnis sei aber wichtig, um zu verstehen, was passiert in dieser Stadt.

Mathias Schulz erklärt, dass die Koalition sich auf eine Verlängerung der Kündigungsfrist geeinigt habe. Wie eine Verbesserung der Kontrollfunktion aussehen könnte und welche Instrumente es gebe, könne er nur allgemein sagen, das sei nicht sein Ressort. Es sei aber ein großes Problem, denn es handele sich um etwa 26.000 Wohnungen, aus denen die Mieter:innen bald herausgeklagt werden könnten. Zum Thema Transparenz sei angestrebt, ein Liegenschaftskataster anzulegen. Der Bund diskutiere, die Grundlagen dafür zu schaffen, die Diskussionen seien noch nicht kurz vor dem Abschluss. Dabei sei es sehr wichtig, die Verhältnisse und die Finanzströme bald zu kennen.

Lisa Vollmer möchte weniger seine persönliche Meinung wissen als die Haltung der Partei, denn Initiativen hätten gern Aussagen, auf die sie sich beziehen könnten.

Mathias Schulz wiederholt, dass alles Weitere mit der Bundesebene verknüpft sei. Dass er eine Entscheidung gern schneller hätte, hält er trotzdem für wichtig.

Eine weitere Teilnehmerin, die auch bei Deutsche Wohnen & Co enteignen aktiv ist, wüsste gern, wie es zu den gegenteiligen Darstellungen kommt: Er sage, dass nun die gleiche Vereinbarung wie von Rot-Grün-Rot getroffen worden sei, in den Zeitungen sei das aber anders dargestellt. Sie hat den Eindruck unehrlicher Kommunikation, das sei kein guter Start. Dass er das für einen guten Weg der Umsetzung hält, kann sie sich auch nicht so richtig vorstellen, denn die SPD sei die Partei gewesen, die Vergesellschaftung stets verhindern wollte. Das Rahmengesetz und die ganzen Debatten zu vermengen sei, wie einige schon festgestellt hätten, keine so eine gute Idee und beschleunige das Ganze nicht. Sie möchte wissen, warum im Koalitionsvertrag nicht stehe, dass es ein Umsetzungsgesetz geben werde. Einen Zeitplan o. Ä. gebe es auch nicht. Sie wüsste gern, wie dazu der Stand in der Koalition ist, und wünscht sich eine Aussage von ihm, ob er wirklich glaube, dass es eine Chance auf Umsetzung gibt mit einem Bürgermeister, der im Wahlkampf stets gesagt hatte, mit ihm gebe es keine Enteignung. Sie findet die Kommunikation dazu krass.

Ein Teilnehmer erklärt, er habe in letzter Zeit öfter Gelegenheit gehabt, sich mit ökologischer Sanierung zu beschäftigen. Energetische Sanierung soll vom Senat mit bis zu 25 % Zuschuss gefördert werden. Leider würden aber im Land Berlin ebenso wenig wie auf Bundesebene Maßzahlen vorgelegt, wie viel Energie eingespart werden muss. Es werde nur grob formuliert, dass Energie eingespart werden soll. Ebenso sei kein Nachweis einer Energieeinsparung gefordert, auch nicht, dass die Fördermittel von der Mietumlage abgezogen würden – heißt also, dass die Mieter trotz der Förderung dafür zahlen müssen, denn nach dem Gesetz sei auch nicht vorgesehen, dass sie informiert werden müssen. Ein Mitspracherecht gebe es natürlich auch nicht, also keine Abwägung, keine Mieterberatung, nur Beratung von Investoren werde bezuschusst. Alles in allem sei dies das genaue Gegenteil von dem, was man beim sozialen Stadtumbau erreichen will: Es handele sich um ein reines Investorengeschenk, nicht mehr und nicht weniger. Von den Parteien im Abgeordnetenhaus möchte er nun wissen, ob sie gedenken, daran etwas zu ändern. Ob sie das Programm umbauen oder verbessern wollen.

Ein Mieterrat der Gewobag möchte wissen, ob im Koalitionsvertrag eine weitere Einschränkung der Wohnraumversorgung vorgesehen ist, die ja schon seit dem Weggang des alten Vorstands runtergefahren wurde. Es seien auch einige weitere Mieterräte und Mieterbeiräte der LWU hier anwesend. Wenn die Wohnraumversorgung wirkungslos gemacht werden soll, sollten sie das doch einfach sagen. Ansonsten sollten sie bitte für Verbindlichkeiten sorgen. Aktuell hätten immer weniger Leute Lust, als Mieterbeiräte zu arbeiten, weil ihre Mitwirkungsmöglichkeiten immer weiter eingeschränkt würden.

Ein Mieterbeirat der Gewobag vom Wassertorplatz schließt sich dem Gesagten an und bekräftigt, dass sie sich mehr Unterstützung wünschten und diese auch brauchen. Sie seien am Puls der Mieter. Es sollte nicht vergessen werden, dass sie das aus freien Stücken gern machen, das alles sei allein ihr Engagement, Unterstützung sei aber nötig, von allen Parteien. Denn es gehe hier um alle, das sollte bei aller Politik nicht vergessen werden.

Katrin Schmidberger liegt die Wohnraumversorgung Berlin auch sehr am Herzen, in den letzten anderthalb Jahren sei sie aber quasi schon tot gewesen, alle wüssten, warum. Sie sei gerade dabei, sich den Bericht vom Bundesrechnungshof anzusehen, der der Grund sei, dass sie geschwächt werde. Sie als Parlamentarier:innen wünschten sich aber auch Unterstützung, wenn es in die Diskussion gehe. Sie macht darauf aufmerksam, dass eine Ombudsstelle für Mieterstreitigkeiten bei den LWU schon beschlossen und auch haushalterisch abgesichert sei, sie warte derzeit noch auf ein Konzept. Die gesetzliche Verankerung der Mieterbeiräte sei nun nach acht Jahren endlich gelungen – wohl der einzige gesetzliche Erfolg von Rot-Grün-Rot in dem einen Jahr und drei Monaten.

Was das Thema energetische Modernisierung betreffe, hätten wohl alle noch nicht die Superlösung gefunden, aber es wäre wohl gut, wenn sich alle mit dem Stufenmodell des Berliner Mietervereins, des BUND u. a. beschäftigen würden, das schon 2010 oder 2011 erschienen sei. Darin gehe es um die Kopplung der Umlage an die Energieeinsparung, aber auch um die Verpflichtung zur energetischen Sanierung nach Energieeffizienzklassen.

Was sie auch sehr ärgere und was ein Skandal sei: dass die SPD-Spitze nie hinter dem Mietenkataster gestanden und sich nie dafür eingesetzt habe, stattdessen habe sie immer wieder gehört, auch von Senator Geisel, das sei an den Bund gekoppelt und habe keine gesetzliche Grundlage. Dabei sei das Mietenkataster unentbehrlich hinsichtlich der Transparenz und auch um andere wohnungspolitische Probleme in den Griff zu bekommen. Es sei in der Verantwortung aller, sich mit diesem Thema noch mal ausführlich zu beschäftigen.

Niklas Schenker möchte zwar keine abschließenden Worte vorweg, aber die Runde habe gezeigt, wie viel Fachwissen bei den Berliner Initiativen vorhanden sei. Das Initiativenforum stehe nicht im Koalitionsvertrag, daher dürfe man davon ausgehen, dass es abgeschafft werden soll. Es sei wichtig, wachsam zu sein und sich die Einrichtung nicht kaputt machen zu lassen.

Was energetische Modernisierung betreffe, sei die Frage, ob das Wohnungssicherungsgesetz, das Vorgaben in der Wohnraumbewirtschaftung mache, hilfreich sei. Es sei sehr wichtig, die Pflicht zur energetischen Sanierung an die Inanspruchnahme von Fördermitteln zu koppeln. Es brauche dringend ein Förderprogramm, um energetische Sanierung mietenneutral umzusetzen. Er habe vorhin schon eine Eigenkapitalerhöhung der LWU, die immerhin das wichtigste Instrument der Wohnungspolitik seien, vorgeschlagen. Sie sei haushaltsneutral und könne viel ausrichten, für die müsse aber sehr, sehr viel Geld aufgebracht werden. Damit könne aber auch eine bruttowarmmietenneutrale Sanierung gewährleistet werden, insbesondere in den Großsiedlungen, wo riesiger Sanierungsbedarf bestehe. Wenn man das ernst nähme, könnte das auch Modellcharakter weit über Berlin hinaus haben. Viele deutsche Städte würden sich hinsichtlich ihrer kommunalen Wohnungsbestände ähnliche Fragen stellen. Was bei der Wohnraumversorgung geschehe, sei mies, den Koalitionsvertrag lese er so, dass sie zu einer Art Ombudsstelle oder Mieterberatung gemacht werden soll. Nachdem die LWU nun auf ein soziales Wohnraummanagement getrimmt wurden, sei die Wohnraumversorgung unersetzlich, um diesen Kurs auf Dauer auszurichten.

Mathias Schulz ist der Meinung, dass sie beim Thema Energieeinsparungen nicht weit auseinander lägen. Es gebe ein Modell, das sei aber noch nicht vereinbart.

Er möchte noch mal die Mieter:innenbeteiligung ansprechen. Bei einer effektiven Beteiligung sei sie das zentrale Element einer gemeinwohlorientierten Entwicklung und sollte im Idealfall verankert sein. Die Wohnraumversorgung sei im Koalitionsvertrag enthalten, es gehe nun darum, die Aufgabenbeschreibung zu formulieren. Den Rechnungshofbericht, den Katrin Schmidberger angesprochen hat, kenne er noch nicht, aber sei schon gespannt darauf. Er sage aus, was daraus folgen könne und was nicht.

Im Koalitionsvertrag sei das Initiativenforum zwar nicht das namentlich genannt, aber auf seine Initiative sei eine Plattform zum Austausch hineingenommen worden. Dass es nicht namentlich erwähnt werde, heiße nicht, dass es abgeschafft werde, es gebe einige Plattformen, die wertvolle Arbeit leisteten und nicht abgeschafft werden sollten. Dazu gebe es natürlich noch Haushaltsberatungen, die mit der CDU sicherlich noch schwieriger werden, er werde sich aber sicherlich dafür einsetzen, dass es weiterhin existiere.

Die Fragen, die er heute nicht beantworten konnte, möchte er mitnehmen.

Die Moderatorin bittet ihn, zu Deutsche Wohnen & Co enteignen noch ein paar Sätze zu sagen.

Über ein Rahmengesetz zu gehen, sei in beiden Sondierungsrunden auf oberster Ebene vereinbart worden, erklärt Mathias Schulz. Was die Dachgruppe, also die Parteiführung, da beschließe, gelte dann für die ganze Koalitionsverhandlung, da könne die Fachgruppe nichts umformulieren. Seine Partei habe eine klare Entscheidung hinsichtlich der Umsetzung getroffen, das müsse dann auch daraus folgen. Auch die aktuelle Vereinbarung dürfe nicht verhindern, dass es kommt.

Elisabeth Voß sieht sehr viel offene Fragen sowie eine krasse Diskrepanz zwischen den dringenden Notwendigkeiten für die Mieter:innen der Stadt und dem Mangel an Handlung und Bewegung. Da müssten sie sich wohl was überlegen, die Hoffnung nicht aufgeben und weiterkämpfen.

Dem kann sich Lisa Vollmer nur anschließen. Nun, da die paar Dinge, die als Kompromisse mühsam erkämpft worden seien, wieder genommen werden sollen, sei damit zu rechnen, dass seitens der stadtpolitischen Initiativen viel Gegenwind kommen werde. Diese Grundstimmung nehme sie wahr. Was aber nicht heiße, dass sie nicht jederzeit mit der schon erwähnten fachlichen Expertise gern zur Begleitung bereit sind, egal für welche Partei. Aber ankündigen könne sie schon mal, dass sie mit vielem nicht einverstanden seien, was nun passieren soll. Sie bedankt sich bei allen, die sich die Zeit genommen haben, v. a. auch bei den Ehrenamtlichen.