Beitrag #17 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 17. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von der Berliner Obdachlosenhilfe e. V. und dem Gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung e.V.

In Berlin leben mehrere Tausend Menschen auf der Straße.
50.000 Personen sind wohnungslos. Die Zahl wohnungs- und obdachloser Menschen in Europa ist in den vergangenen zehn Jahren um 70 Prozent gestiegen. Täglich verlieren Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Wohnung. Eine neue zu finden, ist nahezu unmöglich. Durch Verlust der eigenen Wohnung werden viele wohnungs- oder obdachlos. Das Leben ohne festen Wohnsitz ist folgenschwer für alle Lebensbereiche. Es hat unter anderem Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit, auf soziale Beziehungen, gesellschaftliche und politische Teilhabe. Wohnungs- und obdachlose Menschen werden häufig Opfer von Gewalt. Besonders dann, wenn sie über keinen Schutzraum verfügen. Grund ist das gesellschaftliche Klima, das zu einer Abwertung armer Menschen führt. Auch Polizei, Ordnungsämter und Sicherheitsdienste von zum Beispiel städtischen Unternehmen werden im Alltag wohnungs- und obdachloser Menschen zu einer Gefahr. Betroffene werden von städtischen Institutionen aus der Stadt verdrängt, ihre Lager durch Ordnungsamt und Polizei geräumt und ihr Besitz wird entsorgt. Die Maßnahmen, die der Senat und die Berliner Bezirke ergreifen, reichen bei Weitem nicht aus, um die Lage der zahlreichen wohnungs- und obdachlosen Menschen in Berlin zu verbessern. Das Hilfesystem ist unzulänglich, es bietet vielen keine Unterstützung und basiert auf einer Entmündigung betroffener Menschen.

Wohnungen für alle statt Elendsverwaltung

Bei Housing First handelt es sich um ein sozialpädagogisches Prinzip für die Wiedereingliederung wohnungsund obdachloser Menschen in gesellschaftliche Strukturen. Das Housing-First-Prinzip versorgt die Betroffenen mit Wohnungen und stellt ein sozialarbeiterisches Angebot bereit, das die Menschen freiwillig nutzen können, aber nicht müssen.

Beschlagnahme von Wohnungen bei drohender Wohnungslosigkeit

Durch verschiedene Rechtsgutachten wurde nachgewiesen, dass die Beschlagnahme von Wohnraum durch die Berliner Bezirke bereits möglich ist, um Zwangsräumung (und folgende Obdach-/Wohnungslosigkeit) auf Grundlage des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Berlin (ASOG Bln) zu verhindern. Diese Möglichkeit wird von den Bezirken jedoch nicht genutzt. Zur Vereinfachung dieses Vorgangs für die Bezirke und zur Schaffung größerer Rechtssicherheit sollte das ASOG auf Landesebene dahingehend geändert werden.

Mitsprache und Selbstbestimmung

Ziel ist die Schaffung von mehr Transparenz, demokratischer Kontrolle und Mitbestimmung betroffener Menschen innerhalb des Hilfesystems und bei politischen Entscheidungen, zum Beispiel durch Gremien von Betroffenen und unabhängige Beschwerdestellen mit tatsächlichen Befugnissen zur Kontrolle von Behörden und Einrichtungen.

Unsere drei zentralen Forderungen

In Berlin erzielen große Wohnungskonzerne unglaubliche Renditen, während Menschen auf der Straße oder in Unterkünften leben müssen. Die Wohnungsversorgung muss dem Markt entzogen und demokratisch kontrolliert werden – Wohnungen sind keine Ware!

Wir fordern

  • Ein Ende der (unfreiwilligen) Wohnungslosigkeit für alle Menschen!
  • Keine Zwangsräumungen, weder von Wohnungen noch im öffentlichen Raum!
  • Leerstehende Wohnungen beschlagnahmen, Obdachlose unterbringen!