Beitrag #4 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 4. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von Initiative Haus der Statistik, Netzwerk Berliner Mietshäusersyndikats-Initiativen und Stadt von Unten

Dass sich in Berlin viele die Miete nicht mehr leisten können, liegt unter anderem am mangelnden Neubau von bezahlbaren Wohnungen. Wohnungsneubau wird dominiert von privaten Investor:innen, die im Luxussegment hohe Renditen erwirtschaften wollen.

Seit 2016 bauen zwar die landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) wieder zu 50 Prozent Sozialwohnungen. Durch auslaufende Bindungen im Bestand gehen aber jedes Jahr viel mehr Sozialwohnungen verloren.
Zudem werden bezahlbare Mieten und ökologisch und sozial nachhaltiges Bauen oft gegeneinander ausgespielt, ohne die positiven Effekte nutzer:innengesteuerter und ökologischer Planung zu berücksichtigen.

Dabei gibt es durchaus gemeinwohlorientierte Akteur:innen, die auf bezahlbaren Wohnungsbau mit sozialen und ökologischen Qualitäten hinarbeiten: Dazu zählen junge Genossenschaften oder das Mietshäuser Syndikat, dessen Strukturen darauf ausgerichtet sind, Mietwohnraum dauerhaft dem Immobilienmarkt und entsprechender Verwertung zu entziehen. Diese können ohne verfügbaren Boden und gezielte Förderung derzeit jedoch kaum aktiv werden.

Neubau hilft nur, wenn er dauerhaft bezahlbar ist

Neben der Regulierung des Bestandes und der Vergrößerung des öffentlichen Segmentes zum Beispiel durch Enteignung trägt auch Neubau zur sozialen Wohnraumversorgung bei. Aber bei der hohen Versorgungslücke an leistbaren Wohnungen (—> „[[Mit neuen Sozialwohnungen gegen die Versorgungslücke]]“) hilft Neubau nur, wenn er zu 100 Prozent bezahlbar für mittlere und vor allem niedrige Einkommen ist – und zwar dauerhaft.

Bezahlbarer Neubau braucht bezahlbare Grundstücke (—> „[[Boden rekommunalisieren, sozial nutzen und demokratisch verwalten]]“) und gemeinwohlorientierte Akteur:innen. Neubau muss deshalb zu 100 Prozent von
gemeinwohlorientierten Akteur:innen erstellt werden – von den LWU, von Genossenschaften, dem Mietshäuser
Syndikat und anderen.

Durch die Vergabe aller Grundstücke in Erbbaurecht können soziale Kriterien für einen langen Zeitraum festgeschrieben und die Bezahlbarkeit der Mieten gesichert werden. Daneben können bedarfsgerechtes und ökologisches Bauen sowie die Einhaltung von guten Arbeitsbedingungen und Tarifverträgen auf dem Bau verbindlich gemacht werden. Die resultierende Verringerung der Folgekosten muss bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt werden.

Diese Ziele sind zu erreichen:

Neubau soll dauerhaft gemeinwohlorientiert sein.

  • Grundstücke müssen im Erbbaurecht vergeben werden. Dabei müssen starke Mietsteigerungen, die Veräußerung der Immobilien oder deren Aufteilung in Eigentumswohnungen unterbunden werden und Preisbindungen auch über 30 Jahre hinaus gelten.
  • Konzeptverfahren müssen zum Festpreis erfolgen und auch für zivilgesellschaftliche Akteur:innen leistbar sein; Rahmenbedingungen für die Bebaubarkeit müssen vorab durch die Stadt geschaffen werden. Im Zentrum soll das Nutzungskonzept und die Prüfung der Plausibilität der Umsetzung stehen. Detaillierte architektonische Planung und Ausarbeitung der Finanzierung erfolgen kooperativ und nach der Grundstücksvergabe (Anhandgabe).

Neubau soll zu 100 Prozent und dauerhaft bezahlbar (für mittlere und vor allem niedrige Einkommen) sein.

  • Der Erbbauzins muss residual ermittelt werden. Das heißt, die gewünschte Miete bildet die Grundlage für die Bemessung des Erbbauzinses.
  • Förderprogramme müssen an Gemeinwohl-Kriterien (wie Mitbestimmung, Miethöhe und Dauerhaftigkeit der Mietpreis- und Belegungsbindungen) gebunden und ausgeweitet werden. Neubau zu günstigen Mieten darf nicht zu Bauwirtschaftsfunktionalismus führen.
  • Soziale und ökologische Faktoren müssen zu wichtigen Kriterien der Konzeptverfahren und zum Bestandteil von Erbbaurechtsverträgen werden.
  • Geeignete Förderinstrumente müssen die nötigen Startinvestitionen inklusive Einrichtung einer öffentlichen Bauhütte abdecken