Beitrag #21 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 21. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von Initiative Haus der Statistik, Netzwerk Berliner Mietshäusersyndikats-Initiativen und Stadt von Unten

Boden und Grundstücke sind nicht reproduzierbar. Sie werden trotzdem wie eine Ware gehandelt. Das führt zu massiven Preissteigerungen. In der Luisenstadt in Kreuzberg stiegen die Bodenpreise von 2010 bis 2021 von 600 auf 6.500 Euro pro Quadratmeter. Teurer Boden macht das Bauen sehr teuer – der Bodenpreis steht so der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Weg. Berlin hat diese
Entwicklung befeuert, indem viele öffentliche Grundstücke privatisiert wurden. Diese stehen jetzt nicht mehr für bezahlbaren Wohnraum oder für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zur Verfügung.

Am sogenannten Dragonerareal in Friedrichshain-Kreuzberg und am Haus der Statistik in Mitte haben stadtpolitische Initiativen deshalb den Kampf um den Berliner Boden aufgenommen und gewonnen. Die Privatisierung der Grundstücke konnte verhindert werden, ebenso eine Zerstörung der historischen Bausubstanz. Beide Gelände werden nun in kooperativen Modellprojekten gemeinwohlorientiert entwickelt und es entstehen bezahlbare Wohn- und Gewerberäume. Wie bitter auch die städtische Verwaltung dieses zivilgesellschaftliche Engagement nötig hat, wird daran deutlich, dass beide Standorte auch für Verwaltungseinrichtungen genutzt werden sollen.

Für eine soziale Wohnraumversorgung und bezahlbare Gewerberäume muss nicht nur die Privatisierung von Grundstücken gestoppt werden, sondern Grund und Boden Schritt für Schritt dem Markt und der renditegetriebenen Verwertung entzogen und umverteilt werden. Es müssen auch private Flächen (wieder) in öffentlichen Besitz gebracht und anschließend gemeinwohlorientiert vergeben werden.
Eine öffentliche Bodenbevorratung funktioniert allerdings nur, wenn nicht zu spekulativ überhöhten Preisen angekauft wird. Es muss gelingen, die durch Renditeerwartungen getriebene Bodenpreisspirale zu durchbrechen und Bodenpreise zu senken.

Auch die Entscheidung darüber, was mit öffentlichen Grundstücken passieren soll und wie und wofür diese vergeben werden, braucht eine klare institutionelle Zuständigkeit und darf nicht in der Blackbox der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verschwinden. Vielmehr müssen Transparenz sowie öffentliche und zivilgesellschaftliche Kontrolle gestärkt werden.

Forderungen

  • Stadt und Bezirke müssen eine Ankaufstrategie umsetzen. Dabei müssen Möglichkeiten des Vorkaufsrechts in allen Bezirken konsequent genutzt werden (—> „[[Mit Vorkaufsrecht die Spekulation bekämpfen!]]“). Möglichkeiten zur Preisdämpfung müssen ausgeschöpft werden, zum Beispiel durch städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, indem die Aufstellung von Bebauungsplänen an
    einen Flächenerwerb durch das Land Berlin geknüpft wird oder der Artikel 15 des Grundgesetzes zur Vergesellschaftung von Boden angewandt wird. Auf Bundesebene ist darauf hinzuwirken, die Kosten für den kommunalen Ankauf zu senken.
  • Bebaubare Grundstücke sollen in einen kommunalen Bodenfonds eingebracht werden, der für Wohnungsbau und andere gemeinwohlorientierte Nutzungen einzusetzen ist. Die Nutzung erfolgt ausschließlich im Erbbaurecht. Die Gesamtsumme der errechneten Mieten bildet die Grundlage für die Bemessung des Erbbauzinses. Überschüsse kommen dem Ankauf weiterer Flächen sowie der Unterstützung des Gemeinwesens in den Nachbarschaften der Grundstücke zugute.
  • Der kommunale Bodenfonds soll durch einen Bodenrat verwaltet werden. Dieser ist paritätisch mit öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Vertreter:innen besetzt, die gleichberechtigt über Vergabe und Nutzung der Flächen mitentscheiden.