Die wichtigsten Pro-Argumente und eine Entkräftung der Gegenargumente

In ganz Deutschland haben Menschen Angst, ihr Zuhause zu verlieren: Die Mietpreisspirale dreht sich erbarmungslos weiter. Selbst mitten in der Corona-Pandemie stiegen die Mieten, gleichzeitig waren viele Menschen mit Einkommensverlusten konfrontiert. Und die Mieten gehen nicht nur in den Ballungsräumen nach oben, sondern auch in ländlichen Gebieten. Doch jede und jeder von uns muss wohnen können – Wohnen ist ein Menschenrecht und kein Spekulationsgut. Die meisten politischen Entscheider:innen weigern sich bislang, einen Kurswechsel einzuleiten, um den Betroffenen zu helfen. Der Berliner Mietendeckel war ein erster guter Ansatz, um die Problematik anzugehen, wurde aber vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Dessen Urteil richtete sich jedoch nicht gegen einen Mietendeckels oder einen Mietenstopp. Das Gericht sprach dem Land Berlin die Kompetenz ab, ein solches Instrument gesetzlich einzuführen. Daher ist es jetzt an der Zeit, die steigenden Mieten endlich auf Bundesebene zu stoppen. Wir haben hier Argumente für eine Regulierung gesammelt und widerlegen die häufigsten Argumente der Gegner:innen.

Die zentralen Pro-Argumente

Die Miete steigt, das Einkommen stagniert

Oftmals können die Einkommen mit der Entwicklung des Mietniveaus nicht Schritt halten. In vielen Städten sind die Angebotsmieten um 50 Prozent und mehr gestiegen. Dadurch müssen immer mehr Menschen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete nutzen – wenn sie sich dies überhaupt leisten können.

Die Mieten bei Wiedervermietung steigen enorm

Dass durch einen Mietendeckel oder Mietenstopp keine neuen Wohnungen entstehen, ist klar. Jedoch steigen die Mieten im Bestand unaufhaltsam. Bei neuen Mietverträgen ziehen die Quadratmeterpreise enorm an – in Berlin sind die Mieten so zum Beispiel bis zu zehn Prozent pro Jahr bei Wiedervermietung gestiegen. Dadurch können sich verstärkt nur Menschen mit hohem Einkommen die Miete in diesen Wohnungen leisten. Dem kann ein Mietendeckel oder Mietenstopp entgegenwirken.

Modernisierung und Mieterhöhung führen zu Verdrängung

Bei bestehenden Mietverhältnissen führen vor allem Modernisierungsmaßnahmen zum Anstieg der Miete. Die Absenkung der Modernisierungsumlage von elf auf acht Prozent mit einer Kappungsgrenze von maximal drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren (bzw. zwei, wenn die Miete weniger als sieben Euro pro Quadratmeter beträgt) führte zu keinerlei Entlastung für Mieter:innen. Viele Mieten steigen nach energetischen Modernisierungsmaßnahmen oder auch nach Aufzug- und Balkonanbauten. Das führt oft zu Mietpreisen, die sich Mieter:innen nicht mehr leisten können. Sie sind gezwungen auszuziehen. Mietendeckel oder Mietenstopp verhindern keine Modernisierungen und sollen dies auch nicht – sie machen aber die Modernisierung als Mittel zum Zweck für Mieterhöhungen unmöglich.

Mieten und Wohnraum werden zum Spekulationsobjekt

Die Investition in Immobilien und die Spekulation mit ihnen ist gewinnbringend. Gerade in beliebten Wohngegenden, ob Stadt oder Land, lohnt sich der Kauf von Immobilien als sichere Einnahmequelle und als Finanzobjekt. Denn je beliebter eine Gegend ist, desto mehr Menschen wollen dort wohnen. Das ermöglicht Eigentümer:innen, die Miete zu erhöhen, da die Nachfrage größer ist als das Angebot. Der Mietendeckel/Mietenstopp kann ein Instrument sein um zu verhindern, dass Wohnen als reines Instrument zur Gewinnerzeugung genutzt wird – er ist aber auch nur ein erster Schritt! Es braucht weitere Maßnahmen wie ein Soziales Bodenrecht und eine Neue Wohngemeinnützigkeit, um das Wohnen langfristig wieder bezahlbar zu machen.

Hohe Mieten führen zu Verdrängung und sozialen Spannungen

Durch zu hohe Mieten und Immobilienspekulation werden Menschen aus ihren Wohnungen und ihrem Umfeld verdrängt. Mittlerweile können sich nur noch Menschen mit entsprechend hohem Einkommen das Leben in bestimmten Wohngegenden leisten – einkommensschwächere Menschen und auch Durchschnittsverdienende sind zum Umzug gezwungen. Dadurch verschwindet auch die soziale Mischung in Wohngegenden. Menschen müssen immer weiter von ihren angestammten Lebensmittelpunkten, ihren Arbeitsplätzen und ihrem Umfeld wegziehen. Das gesamte Bild der Gemeinden ändert sich dadurch. Ein Mietendeckel/Mietenstopp kann verhindern, dass bestimmte Wohngegenden nur noch leistbar für Menschen mit hohen Einkommen sind, während alle anderen verdrängt werden. Damit trägt ein Mietendeckel/Mietenstopp auch zum Erhalt der sozialen Mischung in Wohngegenden bei. Zusätzlich zu einem Mietendeckel/Mietenstopp müssen die Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen weiterhin effektiv begrenzt und Eigenbedarfskündigungen stark eingeschränkt werden.


Geläufige Gegenargumente und wie man sie entkräftet

„Ein Mietendeckel/Mietenstopp führt zum Rückgang von Angeboten für Mietwohnungen“

Dass ein Mietendeckel/Mietenstopp verantwortlich für einen Rückgang des Angebots an Mietwohnungen ist, lässt sich, zumindest am Beispiel des Berliner Mietendeckels, nicht bestätigen. Der Trend dazu war auch vorher schon klar zu beobachten. Erschwerend kam hinzu, dass viele Vermieter:innen bzw. Eigentümer:innen darauf spekuliert hatten, das Bundesverfassungsgericht werde den Mietendeckel wieder kippen. Bis dahin ließen sie Wohnungen leerstehen. So wollten sie vermeiden, weniger Miete für die Wohnung verlangen zu dürfen und nahmen die kurzfristigen Einnahmeausfälle in Kauf. Im Ergebnis waren daher weniger Mietwohnungen auf dem Markt, weil einige Vermieter:innen auf den maximalen Gewinn aus waren. Andere wiederum akzeptierten die Regeln des Mietendeckels ohne Probleme.

„Es braucht ein größeres Angebot an Mietwohnungen und keinen Mietendeckel/Mietenstopp“

In angespannten Wohnungsmärkten übersteigt die Nachfrage nach Wohnungen das Angebot, was wiederum zu steigenden Preisen führt. Durch neu gebaute Mietwohnungen würden die Mietpreise angeblich sinken. Doch durch den Mangel an verfügbarem Boden und den hohen notwendigen Einsatz von Kapital und Zeit kann das Angebot, trotz steigender Preise, gar nicht schnell genug und ausreichend nachziehen. Außerdem ist auf dem Wohnungsmarkt Angebot nicht gleich Angebot: Aktuell werden vor allem hochpreisige Wohnungen gebaut. Mit diesen Wohnungen ist Menschen mit niedrigeren Einkommen nicht geholfen. Das Angebot an bezahlbaren Wohnungen muss erweitert werden, um den Markt zu entlasten. Bis dahin brauchen wir einen Mietendeckel oder einen Mietenstopp.

„Ein Mietendeckel/Mietenstopp führt zum Rückgang von Neubau“

Der Neubau wäre von einem Mietendeckel/Mietenstopp explizit ausgenommen, damit wäre die Miete für ganz neue Wohnungen vom Mietendeckel/Mietenstopp also nicht gedeckelt. Für eine Entspannung des Wohnungsmarktes braucht es die Kombination aus Mietendeckel/Mietenstopp und Neubau. Dabei ist jedoch klar, dass es sich um bezahlbareren Wohnraum handeln muss und nicht um Luxuswohnungen!

„Von einem Mietenstopp profitieren vor allem gut situierte Haushalte“

Gerade bei Geringverdienenden sinkt die Mietbelastungsquote durch eine Mietabsenkung vergleichsweise stark. Schon 50 Euro entsprechen bei einem Einkommen von 1.000 Euro einer um fünf Prozent niedrigeren Mietbelastungsquote. Bei einem Einkommen von 5.000 Euro wären dafür schon 250 Euro notwendig. Bereits geringfügige Mietabsenkungen können also Geringverdienende erheblich entlasten. Darüber hinaus reguliert ein Mietendeckel/Mietenstopp die Preise. Er ist kein Sozialrecht, das auf individuelle Einkommensverhältnisse abstellt. Genau wie das Mietrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dieses stellt bezeichnenderweise niemand in Frage. Wie übrigens auch nicht die Preisbindung bei Büchern oder den reduzierten Mehrwertsteuersatz. Wer ein Buch oder ein Brot kauft, wird auch nicht nach seinem Verdienst gefragt, um den Buch- oder Brotpreis individuell anzupassen. Umverteilung findet durch Steuern statt, nicht durch das Mietrecht. Wer nicht möchte, dass die tatsächlich Wohlhabenden von einem Mietendeckel/Mietenstopp profitieren, der setze sich für eine Vermögenssteuer, eine höhere Erbschaftssteuer und ein gerechteres Einkommenssteuersystem ein.

„Mit einem Mietendeckel/Mietenstopp werden keine Modernisierungen mehr durchgeführt“

Modernisierungsmieterhöhungen dürfen nicht dazu führen, dass der Mietendeckel/Mietenstopp ausgehebelt wird. Deswegen ist es wichtig, dauerhaft eine bessere Förderung für die energetische Modernisierung sicherzustellen und den sozialverträglichen, umwelt-, altersgerechten und barrierefreien Umbau des Wohnungsbestandes zu ermöglichen.

„Ein Mietendeckel/Mietenstopp trifft auch faire Kleinvermieter:innen, Genossenschaften und Menschen, die für ihre Altersvorsorge in Wohnungen investiert haben“

Ein Mietendeckel/Mietenstopp benötigt Ausnahmen für „faire“ Vermieter:innen – so wie es auch beim Mietendeckel der Fall war. Dabei sollte “fair“ nicht über die Rechtsform des Vermieters definiert werden, sondern über die verlangte Miete. „Fair“ können also kommunale Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Stiftungen, aber auch private Wohnungsanbieter sein.

„Ein Mietendeckel/Mietenstopp kann Kleinstvermieter:innen in den finanziellen Ruin treiben!“

Dafür braucht es Härtefallregelungen. Sollten Vermieter*innen darlegen können, dass sie aufgrund des Mietendeckels/Mietenstopps in eine finanzielle Schieflage geraten und gezwungen wären, ihre Immobilie zu verkaufen, dürfen sie die Miete unter klar bestimmten und engen Voraussetzungen so weit erhöhen, bis eine kostendeckende Bestandsbewirtschaftung möglich ist. Klar ist aber auch: Immobilien als Kapitalanlagen sind nicht frei von Risiken. Wer mit immer steigenden Mieten kalkuliert, muss diese Risiken hinnehmen.

„Ein Mietendeckel/Mietenstopp befördert uns zurück in Zeiten der DDR/der Planwirtschaft“

Wohnen ist kein beliebiges Gut wie Fernseher oder teure Armbanduhren. Wohnen ist ein Menschenrecht. Deswegen muss der Wohnungsmarkt reguliert werden. Das Ziel muss ein Wohnungsmarkt sein, der sich am Gemeinwohl orientiert und nicht den Gewinnen von wenigen großen Unternehmen mit Kapitalinteressen dient. Denn alle haben das Recht auf bezahlbaren Wohnraum – nicht nur die, die es sich leisten können.



Mehr Infos u.a. auf der Seite der Kampagne Mietenstopp: https://mietenstopp.de/

Foto: Alexander Hauk / alexander-hauk.de  / pixelio.de