Beitrag #8 aus dem mietenpolitischen Dossier 2021

Wir veröffentlichen hier den 8. Beitrag aus dem mietenpolitischen Dossier von Bizim Kiez, NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e. V.

Gewerbemietverträge sind frei verhandelbar. Das betrifft sowohl die Laufzeit als auch die Miethöhe und stellt besonders Kleingewerbetreibende und Handwerksbetriebe im innerstädtischen Bereich vor wachsende Probleme. Auch Kitas, Beratungsstellen, Sportstätten, Ateliers und selbst Arztpraxen sind von Verdrängung bedroht. Obwohl die meisten Gewerbetreibenden dauerhaft an ihrem Standort bleiben wollen, schließen viele Vermieter:innen nur noch Verträge mit kurzer Laufzeit ab. Eine langfristige Planung ist so nicht möglich, Investitionen stellen ein hohes Risiko dar. Aber auch unbefristete Verträge bieten keine Sicherheit: Sie können von Vermieter:innen jeweils zu Beginn eines Kalendervierteljahres zum Ende des folgenden Quartals gekündigt werden, sofern im Mietvertrag nichts anderes vereinbart wurde. Eine Begründung ist nicht nötig.

Der Immobilienverband Deutschland stellt in seinem Gewerbe-Preisspiegel 2019/2020 fest: „Berlin macht bei den Ladenmieten die gleiche Entwicklung wie im Wohnungssegment.“ Große Läden in Bestlage verteuerten sich danach im Durchschnitt um 18 Prozent, kleine in 1-B-Lage sogar um 27 Prozent. Vermieter:innen, die das Doppelte und Dreifache verlangen, sind keine Seltenheit.

Die steigenden Mieten führen dazu, dass sich das Straßenbild der Kieze deutlich verändert. In Bezirken, die bei Tourist:innen beliebt sind, reihen sich Spätis, Bars, Imbisse und Billigrestaurants aneinander – nur sie können Mieten von mittlerweile bis zu 30 Euro pro Quadratmeter erwirtschaften. In anderen Lagen werden aus Blumenläden, Buchhandlungen oder kleinen Lebensmittelgeschäften sogenannte Co-Working-Spaces, in denen sich Freiberufler:innen die kleine Fläche und die hohe Miete teilen.

Auch die Aufteilung von Wohnhäusern in Eigentumswohnungen setzt die Gewerbetreibenden unter Druck. Genauso wenig wie Mieter:innen ihre Wohnungen kaufen können, sind sie nicht in der Lage, ihre Laden- oder Büroflächen zu erwerben. Das Problem betrifft nicht nur die Schaufensterfront, sondern auch die Werkstätten und produzierendes Gewerbe in den Hinterhöfen. Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften (LWU) wiederum, die auch Gewerbeflächen verwalten, haben bei Vermietungen nicht im Blick, welches Gewerbe für die Nahversorgung ihrer Mieter:innen nützlich wäre oder welche verdrängten Angebote aus der Nachbarschaft sie auffangen könnten.

Gewerbemietrecht schaffen

Wir benötigen Unterstützung des politischen Engagements auf Bundesebene, damit ein Gewerbemietrecht entsteht. Dieses muss einen Kündigungsschutz für Mieter:innen enthalten und den Ländern ermöglichen, Gewerbemietspiegel und Kappungsgrenzen für Gewerbemieten in Gebieten mit angespanntem Gewerbemietmarkt einzuführen. Das Land Berlin soll sich über den Bundesrat dafür einsetzen, dass ein solches Gewerbemietrecht entsteht.

Und es steht auch in der Kompetenz des Senats, dort, wo das Land selbst Vermieter ist, sich für faire Verträge mit langen Laufzeiten und angemessenen Mieten einzusetzen. Die Vergabe von Gewerberäumen soll unter Einbeziehung der Nachbarschaft in transparenten Verfahren erfolgen.