Auf der Veranstaltung „Was tun gegen den Mietenwahnsinn?“ haben vier Spitzenkandidat*innen und ein Fraktionsvorsitzender die Fragen der mietenpolitischen Initiativen beantwortet. Wir haben uns pro Politiker*in eine Aussage herausgesucht, und sie einem Faktencheck unterzogen.

„Wir haben […] schon Förderprogramme aufgelegt, mit denen wir die Vermieter […] dazu bekommen können, dass sie überhaupt einsteigen in die energetische Sanierung. Wir können sie auch nötigen und das werden wir müssen, denn bisher sind die Fördergelder meistens liegen geblieben in den letzten Jahren, und nicht wegen des Mietendeckels, sondern seit vielen Jahren […].“

Stimmt das?

Teilweise. In Berlin gibt es neben der bundesweiten KfW-Förderung “BEG Wohngebäude – Sanieren“ (ehemals “energieeffizient sanieren“), deren Summen von einer beliebigen Partnerbank in der Stadt durchgeleitet werden können, aktuell drei Programme bei der landeseigenen IBB, mit denen “klassische“ Maßnahmen zur energetischen Sanierung bzw. Modernisierung von (Bestands-)Wohngebäuden wie Wärmedämmung und Erneuerung der Fenster gefördert werden können. Andere wichtige, aber speziellere Förderprogramme z.B. für Dachbegrünung, Installation von Photovoltaikanlagen und Heizungsaustausch werden hier ausgelassen. Eins der drei IBB-Förderprogramme wird mit Haushaltsgeld bezahlt, und es ist neu, während die anderen beiden schon länger existieren. Das neue Programm – “IBB Effiziente GebäudePLUS“ – hat eine ebenfalls mit Haushaltsgeld finanzierte Förderstruktur abgelöst.

Diese Förderstruktur mit dem Namen “Wohnungsmodernisierungsförderprogramm“ (WMB 18) bestand darin, dass Hauseigentümer*innen, die eins der beiden anderen oben erwähnten, älteren Förderprogramme der IBB in Anspruch nehmen wollten, zusätzliches Geld und Vergünstigungen erhielten, wenn sie im Gegenzug für die sanierten Wohnungen rechtsverbindlichen Mieter*innenschutz akzeptierten (15-jährige Mietpreisbindung, reduzierte Möglichkeit zur Mieterhöhung, 15-jährige Belegungsbindung bei Neuvermietung, Umwandlungsverbot). Das WMB 18 hatte also den Zweck, durch finanzielle Anreize für die Eigentümer*innen energetische Sanierungen im Bestand mit Maßnahmen gegen Verdrängung zu verbinden. Anfang Dezember 2018 trat es in Kraft, und bis Mitte Juli 2019 gab es noch keinen einzigen Förderanantrag (Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler vom 27. Juni 2019, S.3). Bis Mitte März 2020 verzeichnete die Förderung des WMB 18 genau einen einzigen Antrag, der nicht bearbeitet und bewilligt werden konnte. Denn das Förderprogramm befand sich zu dieser Zeit bereits in der Restrukturierung, um an die Bestimmungen des eineinhalb Monate vorher in Kraft getretenen Mietendeckels angepasst zu werden (Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg P. Kössler vom 27. Februar 2020, S.3). Aufgrund der Pandemie hat sich dieser Prozess verzögert, aber das Programm, welches das WMB 18 abgelöst hat, ist schließlich diesen August in Kraft getreten.

Bezogen auf das WMB 18 liegt Frau Jarasch richtig: diese Fördermittel sind liegen geblieben. Die beiden anderen Förderprogramme der IBB (“IBB Wohnraum modernisieren“ und “IBB energetische Gebäudesanierung“), die auch unabhängig von der Zusatzförderung durch das WMB 18 beantragt werden konnten, wurden hingegen während der gesamten Zeit der Gültigkeit des Mietendeckels nachgefragt, und auch schon davor (siehe die Tabelle unten). Dass dieser sich negativ auf die Sanierungsförderungen auswirkte, scheint also tatsächlich wenig plausibel zu sein.

Hier muss Bettina Jarasch widersprochen werden: in den vergangenen Jahren vor der Zeit der Gültigkeit des Mietendeckels wurde für energetische Sanierungen und Modernisierungen in der Stadt Fördergeld ausgegeben.

Es ist jedoch wichtig, zu beachten, dass diese Summen nicht automatisch auf ein rasches oder langsames Voranschreiten der energetischen Ertüchtigung des Berliner Wohnungsbestandes schließen lassen. Der Berliner Senat erhebt bis dato keine Daten, um die Sanierungsquote des Gebäudebestandes in der Stadt systematisch zu erfassen. Eine energetische Sanierungsquote von 0,8 % des Gesamtbestandes wurde anhand von Daten aus bundesweiten Erhebungen abgeleitet (Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler vom 27. Juni 2019, S.1). Auch über die Tiefe der Modernisierungen (oder ihre Sozialverträglichkeit) lässt sich aus den Zahlen der abgerufenen Fördergelder allein keine Aussage gewinnen. So hat die IBB 2020 im Rahmen ihres Programms “energetische Gebäudesanierung“ Fördergelder der KfW in Höhe von 23,2 Mio Eur durchgeleitet – für 15 gebilligte Anträge (Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler vom 14. Januar 2021, S.3). Im gleichen Jahr hat die KfW über andere Banken in Berlin in 1.826 Antragsfällen Zuschüsse zu energetischen Modernisierungsmaßnahmen bewilligt – mit einem Fördervolumen von insgesamt 14 Mio EUR (KfW Förderreport 2021, S.10 [Auszug]). Und das Programm “Wohngebäude modernisieren“ der IBB fördert nicht ausschließlich energetische, sondern jegliche Modernisierungen von Wohngebäuden wie Veränderungen des Wohnungszuschnitts, Aufbauten, barrierereduzierende- und Lärmschutz-Maßnahmen u.a. Aus all dem folgt, dass anhand der Höhe der bewilligten Fördersummen allein nicht ersichtlich wird, welche Maßnahmen bei wie vielen Gebäuden durchgeführt wurden.

Hier geht’s zum Videomitschnitt der Veranstaltung „Was tun gegen den Mietenwahnsinn?“.